Der französische James Bond – „Largo Winch“

In seiner ersten Inkarnation war Largo Winch der Held einer Romanreihe, die Autor Jean Van Hamme in den späten 70er Jahren schrieb. „Endlich – der französische James Bond“, jubelte die frankophone Fachpresse, als der Erfolgsautor die ersten Romane um den jungen Konzernchef Largo Winch herausbrachte.

Bodenständiger, nachdenklicher und realpolitischer als 007 ist der Unternehmer Largo Winch, und er muss nicht immer gleich die ganze Welt retten. Largo verlässt sich weniger auf High-End-Technik als auf sein Karma. Die Romane waren einigermaßen erfolgreich, aber da sich Van Hammes Comic-Karriere prächtig entwickelte, beendete er die Abenteuer des reichen Erben Largo, um sich fortan der neunten Kunst zu widmen.

Das war 1984. Bis dahin waren sechs Romane entstanden. Doch nur sechs Jahre später feierte Largo Winch seine grandiose Wiedergeburt, denn zusammen mit Zeichner Philippe Francq startete Van Hamme 1990 für den Verlag Dupuis eine Comic-Serie, in der zuerst die Geschichten der Romane adaptiert wurden und später ganz neue Storys erschienen. Seitdem sind bis 19 Alben entstanden, die sich in Frankreich zu Verkaufsschlagern mit Auflagen von mehr als 350.000 Exemplaren entwickelt haben.

Der 20. Band liegt nun auch deutscher Übersetzung vor. „20 Sekunden“ ist dabei die Fortsetzung von „Double Play“ und erzählt von einem geplanten Anschlag auf die Konzernzentrale der Gruppe W. Van Hamme agiert hier mit einer Vielzahl von Figuren, lässt Doppel- und Dreifach-Agenten auftauchen und schafft es dennoch, im Strudel der komplexen Beziehungsverhältnisse eine spannende Geschichte zu erzählen – auch wenn Largo selbst hier etwas in den Hintergrund tritt. Das Ende bereitet zudem den nächsten Band vor.

In Deutschland erschienen die ersten Bände von „Largo Winch“ bei Ehapa, mangels Erfolg stellte man die Serie jedoch wieder ein. Mittlerweile erscheinen Largos Abenteuer bei Schreiber & Leser, wo man auch die alten Ehapa-Ausgaben in neuer Hardcover-Edition verlegt hat. Zwei der alten Bände, die Nummern 1 und 3, sind dieser Tage auch in neukolorierter Version erschienen. Zudem gibt es umfangreiche, im Format kleinere Sammelbände, die jeweils vier Alben beinhalten.

Largo ist mittlerweile übrigens nicht mehr nur Star einer Roman- und Comic-Reihe, im Jahr 2001 entstand auch die Fernsehserie „Largo Winch – Gefährliches Erbe“, die es auf zwei Staffeln mit insgesamt 38 Episoden brachte. Man hielt sich lose an die Vorlage, eliminierte aber ebenso wie der Comic im Vergleich zu den Romanen die Menge an Sex und Gewalt. Zudem wurden in Frankreich zwei Filme – „Tödliches Erbe“ und „Die Burma-Verschwörung“ – mit Tomer Sisley in der Hauptrolle produziert, die nicht nur in ihrer Heimat erfolgreich waren.

Philippe Francq, Jean Van Hamme: Largo Winch 20 – 20 Sekunden. Schreiber & Leser, Hamburg 2016. 48 Seiten, € 14,95

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