70 Jahre Lucky Luke – Der Poor Lonesome Cowboy im Wandel der Zeit

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Erster Auftritt: Arizona 1880

Als Morris seinen Western-Helden, der schneller zieht als sein eigener Schatten, im Jahr 1946 erschuf, da hätte er sich nicht träumen lassen, dass ihn die Figur nicht nur überlebt, sondern zu einem der ganz großen Klassiker der frankobelgischen Comic-Historie werden würde. Denn die Anfänge waren mit der 20-seitigen Geschichte „Arizona 1880“ im „Spirou Almanach“ alles andere als großartig. Insbesondere auch deswegen, weil Lucky Luke noch gar nicht der Figur glich, an die man heute denkt. Sie musste sich erst entwickeln, so wie sich auch Morris‘ Stil entwickelte.

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Der 1. Band mit Goscinny

Einen Quantensprung legte der anfangs eine Zigarette rauchende, später einen Grashalm kauende Cowboy hin, als 1955 Rene Goscinny als Autor zur Serie hinzustieß. Optisch hatte Morris seinen Helden schon aufpoliert. Die Anfänge, die noch stark vom Trickfilm beeinflusst waren, waren Morris‘ späterem Stil gewichen. Inhaltlich überschlugen sich die Abenteuer des Cowboys und seines treuen Pferdes Jolly Jumper in den kommenden zwei Jahrzehnten geradezu, da Goscinny grandiose Szenarien entwickelte, bei denen nicht nur berühmte Schauspieler parodiert wurden, sondern auch zahlreiche Berühmtheiten des Wilden Westens in Interaktion mit Lucky Luke traten.

Nach Goscinnys Tod führte Morris „Lucky Luke“ weiter. Er schrieb einige Szenarien selbst, griff aber doch eher auf begabte Autoren zurück. Den Zeichenstift schwang er aber weiterhin selbst. Schon vor seinem Tod verfügte Morris, dass Lucky Luke nicht mit ihm sterben, sondern von anderen fortgeführt werden sollte. Als Morris 2001 starb, musste ein neuer Künstler gesucht werden. Man fand ihn in Achdé, der schon 1999 eine Kurzgeschichte für einen Hommage-Band veröffentlicht hatte. Seit 2003 verfassen er, aber auch Laurent Gerra neue Abenteuer mit Lucky Luke – und ein Ende ist nicht in Sicht.

aufdenspurenvonll_cvrIn Sicht ist auch nicht die letzte Geschichte von Morris, die dieser nicht mehr fertigstellen konnte. „Lucky Luke contre Lucky Luke“ sollte nach einem Szenario von Patrick Nordmann entstehen. Dieses ist angeblich fertig gewesen, aber Morris konnte nur gut 20 Seiten skizzieren. Veröffentlicht wurden diese bislang nicht. Ein Traum wäre aber ohnehin, dass diese Geschichte von Morris‘ Nachfolgern zu Ende gebracht wird. Ein paar Auszüge aus diesen Seiten gibt es im brandneuen Buch „Auf den Spuren von Lucky Luke“ zu sehen. Sie machen durchaus Lust auf mehr.

Mit diesem Buch feiert Egmont auch das 70-jährige Jubiläum des Cowboys. Es ist ein Prachtband im quadratischen Format geworden, der nicht nur ausufernd bebildert ist, sondern auch informativ und interessant den Werdegang dieser Figur über alle Formate hinweg nachzeichnet. Die Konzentration liegt dabei aber ganz klar auf Morris, was nur dann überrascht, wenn man den Originaltitel nicht kennt: „L’art de Morris“

Lucky-luke-hommage-cvrDamit sind die Feierlichkeiten zum Geburtstag aber noch nicht beendet. Schon publiziert wurde der erste „Hommage“-Band von Matthieu Bonhomme, der den Titel „Der Mann, der Lucky Luke erschoss“ trägt. Der Reiz dieses Bandes liegt darin, dass Bonhomme einen realistischeren Stil nutzt und damit ein ganz anderes Lesegefühl heraufbeschwört. 2017 folgt dann die zweite Hommage mit dem Titel „Jolly Jumper antwortet nicht“.

Für Fans der ersten Stunde – oder zumindest einer Frühzeit im Wirken von Lucky Luke – präsentiert Egmont darüber hinaus noch die „Retro Edition Lucky Luke 1-14“. Diese beinhaltet die damals von Koralle publizierten Alben, die später mit neuer Übersetzung in der Egmont-Kiosk-Ausgabe integriert wurden, die damals mit der Nr. 15 begann. Es handelt sich bei den Alben um Faksimiles der alten, wobei Anpassungen vonnöten waren, da Egmont natürlich nicht den „Zack Box“-Titel nutzen durfte.

ll_27In erster Linie ist dies nur eine Spielerei für ganz knallharte Fans, weit interessanter dürfte für die meisten dahingegen schon die „Lucky Luky Gesamtausgabe“ sein, die es bislang auf 27 Bände und damit mehr als 4.500 Seiten Material gebracht hat.

Nun ist Lucky Luke also im Rentenalter angekommen, aber noch so frisch wie eh und je. Ein Ende ist nicht abzusehen, so dass irgendwann auch der 100. Geburtstag zu feiern sein wird. Lucky Luke überlebt nicht nur seine Schöpfer, sondern auch seine Leser. Nur gut, dass immer wieder neue Leser-Generationen nachwachsen, die dem zeitlosen Humor dieses Western-Funnys verfallen.