„Lucky Luke“ – Showdown in Froggy Town

Lucky-luke-hommage-cvrMit siebzig Lenzen noch fest im Sattel. Wortwörtlich. Tatsächlich ist es heuer genau sieben Jahrzehnte her, als der Belgier Maurice de Bévère, der sich schon damals schlicht „Morris“ nannte, seinen berühmten Lonesome Cowboy erfand, der erstmals in einem Spirou Almanach im November 1946 im Wilden Westen (genauer gesagt in Arizona) für Recht und Ordnung sorgte. In Deutschland wurde Lucky Luke nach Asterix zur meistverkauften Alben-Serie, was auch dem großen René Goscinny zu verdanken ist, der ab Mitte der fünfziger Jahre die Geschichten schrieb.

Siebzig Jahre sind natürlich ein massiver Grund für diverse Feierlichkeiten und besondere Veröffentlichungen. So wurde bereits beim Comicfestival in Angoulême dem Mann, der schneller schießt als sein Schatten, eine große Ausstellung gewidmet. Bei uns legte anlässlich des Comic-Salons in Erlangen die Egmont Comic Collection einen ersten Hommage Band in limitierter Auflage (und in schwarz-weiß) vor, dessen reguläre (farbige) Ausgabe nun erhältlich ist. Autor und Zeichner ist der Franzose Matthieu Bonhomme, der hierzulande bekannt wurde durch seine Serien „Der Marquis von Anaon“ und „Esteban“, die bei Eckart Schotts Salleck Publications ihre verlegerische Heimat haben.

Das Kaff, in das es Lucky Luke dieses mal verschlägt, heißt Froggy Town. Ein Ort, der nur existiert, weil hier einst Gold gefunden wurde. In Froggy Town ist natürlich einiges im Argen. Vor wenigen Tagen raubte ein unbekannter Indianer die Postkutsche aus. Mit allem Gold. Der Sheriff, James Bone, ein trotteliges Weichei, kommt nicht in die Gänge und so bittet das Bürgerkomitee Luke, der Sache auf den Grund zu gehen. Ganz zum Missfallen der Brüder Bone – Anton und Steve – die ihrem Jüngsten, eben jenem Sheriff, in Sachen Recht und Ordnung tatkräftig zur Seite stehen. Unterstützung erhält Luke von Doc Wednesday, einem alternden und kranken Revolverhelden, dessen beste Zeiten lange vorüber sind. Schon bald findet Luke eine Spur des mysteriösen Indianers, die direkt zu Vater Bone führt, seines Zeichens knorriges Familienoberhaupt der Bones und graue Gold-Eminenz von Froggy Town. Der taucht kurz darauf im Saloon auf und wirft mit Geld, bzw. Gold nur so um sich und hetzt die anwesende Meute gegen die Indianer. Luke kann zwar schlimmeres verhindern, gerät dann aber sogar selbst in Tatverdacht. Die Bones wollen ihn so zwingen, die Stadt zu verlassen, doch Luke widersetzt sich dem Ultimatum. So kommt es zum Duell mit Anton Bone, bei dem ein unvorhergesehener Schuss fällt…

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Mit eben diesem einzelnen Schuss, der durch Froggy Town hallt, beginnt der Band, greift sozusagen der Handlung vor und weckt so gleich als Paukenschlag die Neugierde des Lesers. Aber wer denkt, dass Lucky Luke hier erschossen wird, der hat auch geglaubt, dass Superman wirklich tot ist. Außerdem haben wir es hier mit einem Hommage-Band zu tun, dessen Titel wiederum eine Hommage an einen Klassiker ist: Das zentrale Motiv aus „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“, einem John Ford Western mit John Wayne und James Stewart, übernimmt Bonhomme zwar, ohne ihm jedoch die gleiche Wertigkeit wie im Film zu verleihen. Stattdessen erleben wir hier eine klassische Westen-Story – es scheint schnell klar, dass die Familie Bone Dreck am Stecken hat und irgendwie in der Sache mit drin steckt – mit Postkutschen-Überfall, Indianern, Saloon-Schlägereien und zwielichtigen Typen. Und einem der besten Running Gags der letzten Zeit, der schmunzelnd die Tatsache aufgreift, warum Morris seinen Held irgendwann die dauerglimmende Zigarette mit einem Strohhalm tauschen ließ: Luke ist ständig auf der Suche nach Tabak. Mal ist er ausverkauft, mal wird er ihm verweigert, mal wird er nass und mal buchstäblich vom Winde verweht.

Lobenswert: Bonhomme greift hier nicht den prägenden Funny-Strich des großen Morris auf, wie das dessen Nachfolger Achdé so perfekt tut, vielmehr bleibt er bei seinem eigenen Stil, der irgendwo zwitterig zwischen Funny und Realismus angesiedelt ist, wobei er die überzeichnete Physiognomie des Helden und der Figuren beibehält und einen Morris so immer durchscheinen lässt, so wie das eine gute Hommage eben tut. Luke trägt demnach auch seine charakteristischen Klamotten und ist im Westen bereits bekannt wie ein bunter Hund. Ansonsten sind Bilder und Handlung etwas erwachsener: Jolly Jumper redet (oder denkt) nicht, und ja – es gibt tatsächlich Tote! Als bekannte Figur aus der Lucky Luke Historie bringt Bonhomme die aus „Der Großfürst“ bekannte Laura Legs ins Spiel (die Daltons werden nur kurz erwähnt). Leise Kritik: der Höhepunkt mit dem Duell kommt etwas verfrüht, anschließend folgen viele Erklärungen, bis auch das letzte Motiv der einzelnen Personen transparent klargestellt wird. Trotzdem Hut ab vor Matthieu Bonhomme, der hier eine rundum gelungene Hommage abliefert.

Wer den berühmten Lucky Luke einmal anders erleben will, der bleibe bitte dem Medium treu und greife zu diesem Band und meide beispielsweise tunlichst die diversen Realverfilmungen, in denen u.a. Terrence Hill und Till Schweiger (!) die Ikone mimten und dabei geradezu ketzerisch vorgingen. Als nächste Veröffentlichung im Jubiläumsjahr folgt im Oktober ein opulenter Bild- und Skizzenband, ehe im Februar 2017 der zweite und letzte Hommage Band erscheinen wird.

Matthieu Bonhomme: Lucky Luke Hommage Band 1: Der Mann, der Lucky Luke erschoss. Egmont Comic Collection, Köln 2016. 64 Seiten in Farbe, € 15,–