Ein versoffener, räudiger Kater

Er säuft, er ist ein Mann ohne Moral und Ethik, er nimmt Drogen, er behandelt Frauen wie Dreck, er ist die Person gewordene Antithese zur Hippie-Bewegung der 1960er Jahre: Robert Crumbs Fritz the Cat ist all das und noch mehr, denn mit dem Establishment kann er auch nicht. Ein wütender junger Mann spricht hier, verklausuliert in den Underground-Comics einer Zeit, in der alles im Aufbruch war – auch das Medium selbst.

Aus heutiger Sicht sind die Eskapaden von Fritz mindestens kurios, manchmal auch abstoßend, durchaus aber immer noch faszinierend. Die neue Ausgabe von Reprodukt, die „Fritz the Cat“ so komplett wie bisher niemals zuvor sammelt, ist ein Stück Comic-Historie. Ein Blick auf eine andere Zeit, als Comics abseits der großen Verlage begannen, auszuloten, was in diesem Medium wirklich machbar war.

Crumbs berühmteste Schöpfung war dabei so etwas wie die Speerspitze, was weniger an den Comics selbst, sondern an dem Umstand lag, dass Ralph Bakshi einen Zeichentrickfilm inszenierte, der 1972 weltweit für Furore sorgte und mehr als 100 Millionen Dollar einspielte. Das machte Fritz und seinen Schöpfer bekannter, als es noch so viele Comic-Geschichten jemals hätten tun können.

Damit wurde aber auch der Anfang vom Ende eingeläutet. 1964 ersonnen und 1965 erstmals publiziert, ließ Crumb seinen Antihelden 1972 mit der Geschichte „Fritz the Cat Superstar“ sterben, weil er das Gefühl hatte, dass der Film seiner Schöpfung nicht gerecht geworden war. Darum erlaubt er dem Kater eine letzte Sexkapade, bevor er zulässt, dass dessen Geliebte ihm einen Eispickel in den Hinterkopf rammt.

Fritz lebte im Kino aber weiter, wurde 1974 doch ohne Mitwirkung von Crumb oder Bakshi „Die neun Leben von Fritz the Cat“ in die Lichtspielhäuser gebracht.

Neue Abenteuer mit dem Kater gab es in der Neunten Kunst nicht mehr, einige unveröffentlichte Arbeiten erschienen aber zwischen 1978 und 1997. Die ultimative Ausgabe präsentiert nun Reprodukt, sind hier doch auch noch die kleinsten Strips zu finden. Interessant ist dabei auch Crumbs zeichnerische Entwicklung, die innerhalb von acht Jahren stattgefunden hat und hier sehr schön verfolgt werden kann. Wer „Fritz the Cat“ noch nicht kennt, der hat nun Gelegenheit, diese Bildungslücke zu schließen. Es lohnt sich!

Robert Crumb: Fritz the Cat. Reprodukt, Berlin 2017. 130 Seiten, € 29,–