Jan Suski und Dirk Seliger im Gespräch über ihren Fantasy-Funny „Gambert“

Mit „Gambert“ (hier gibt es eine Leseprobe) ist beim Splitter-Imprint Toonfish jüngst eine weitere Eigenproduktion an den Start gegangen, die furios Funny- und Fantasy-Elemente vermischt. Wir sprachen mit dem Künstlerduo Jan Suski (Zeichnungen) und Dirk Seliger (Szenario) über ihr engagiertes Projekt.

Michael Hüster: Wie entstand die Idee für das Comic-Projekt „Gambert“?

DS/JS: Das gestaltete sich nicht weiter spektakulär. Die Vorgabe war ein Fantasy-Sujet im Funny-Stil. Also wälzt man als Autor im Kopf alle möglichen Szenarien um und um, immer mit dem eigenen Anspruch im Hinterkopf, dass es etwas sein soll, das es so in dieser Art noch nicht gegeben hat. Irgendwann hat man dann drei/vier „Kandidaten“, von denen man der Überzeugung ist, dass sie etwas taugen könnten. Und dann kommt die erste Absprache mit dem Zeichner, der dies und das nicht gut findet, und schwupps fängt man wieder von vorne an. Das geht dann so lange, bis man einen Konsens gefunden hat, mit dem Autor und Zeichner leben können. „Gambert“ ist also gewissermaßen der Gewinner aus dieser Anfangsphase des Projekts. Wir fanden die Idee ganz reizvoll, die Geschichte eines ehemaligen Gottes zu erzählen, der keine göttlichen Attribute und Fähigkeiten mehr besitzt. Die Wahl fiel auf Gambrinus, den „Gott“ des Bieres, denn wir wollten etwas Ursprüngliches, Bodenständiges, Sympathisches und, wenn man so will, etwas Volkstümliches. Tja, und dann muss man natürlich noch abwarten, was der Verlag zu dem Ganzen sagt.

Wie seid ihr zum Splitter-Verlag gekommen?

DS/JS: Als sich für uns abzeichnete, dass unser bisheriger Verlag Epsilon auf längere Sicht nichts mehr würde veröffentlichen können, sind wir wieder losgezogen wie ganz zu Beginn unserer Comictätigkeit und haben die Verlage abgeklappert. Das war zum Comicsalon Erlangen 2016. Nur diesmal konnten wir schon auf ein paar veröffentlichte Comic-Alben verweisen. Allerdings mussten wir schmerzlich erkennen, dass für viele Verlage allein die Nennung des Verlagsnamens Epsilon wie ein rotes Tuch wirkte. Man winkte ab, verdrehte die Augen oder zeigte ein mitleidvolles Lächeln. Einer formulierte es dann mehr als deutlich, nämlich dass uns und unserer Arbeit der „Makel Epsilon“ anhinge. Da waren wir mehr als sprachlos. Denn wir sahen und sehen das nämlich durchaus anders! Außerdem verstanden wir beim besten Willen nicht, warum man uns als Comicmacher mit den Kalamitäten unseres Verlags gleichsetzte. Als ob wir Verleger wären!

Wie auch immer – nach Vertröstungen auf eine nicht genauer definierte fernere Zukunft oder dem Verweis darauf, dass wir nicht ins Verlagsprogramm passen würden, oder sonstigen ehrlich oder nicht ehrlich gemeinten Absagen, landeten wir bei Splitter. Horst Gotta kannte offensichtlich unsere Arbeit, und eine neue, exklusiv für Splitter entwickelte Idee, so sie der Redaktion zusagen würde, stünde im Bereich des Machbaren. Das verhieß Hoffnung und ließ uns in kürzester Zeit mit intensiven internen Diskussionen den „Gambert“ entwickeln.

Jan Suski

Seit wann seid ihr als zeichnende und schreibende Comic-Künstler tätig? Gab es schon vor dem aktuellen Werk Comic-Arbeiten oder ähnliches?

DS: Vor etlichen Jahren habe ich eine Reihe von Kinderbüchern veröffentlicht. Außerdem liegt mir die (fränkische) Dialektforschung sehr am Herzen. Ich war auch einige Jahre als Illustrator z.B. für den Raabe Fachverlag für die Schule tätig. 2010 startete dann die Zusammenarbeit mit Jan. Seither sind acht Alben von „Luzian Engelhardt“ entstanden und vieles mehr.

JS: Nach meinem Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam Babelsberg habe ich mich eine Weile als Zeichentrickanimator beim DFF, der DEFA und verschiedenen kleineren Filmfirmen durchgeschlagen. Irgendwann wechselte ich zur Printwerbung und begann, kleinere Werbecomic-Projekte zu realisieren (z.B. für Ferrero, GABA GmbH, Colgate etc.). Auch einige Ü-Ei-Figurensets entstanden zu jener Zeit. Die Arbeit an Comics hat mich seither allerdings nicht mehr losgelassen. Ich zeichnete etliche Kurzcomics für verschiedene Anthologien oder Fanpublikationen und vieles mehr, bis sich der liebe Dirk in seiner unverwechselbaren Art nonchalant in mein Gesichts- und Tätigkeitsfeld schob und dort festsetzte. Seit dieser Zeit ziehen wir ein Projekt nach dem anderen gemeinsam durch.

Dirk Seliger

Dirk, wie lange hast du für das Szenario für den ersten Band gebraucht? Gab es bestimmte Inspirationsquellen für den Text? Nach wie viel Litern Bier ist euch die Erleuchtung zu Gambert, dem Gott des Bieres gekommen?

DS: Da das Szenario für „Gambert“ nicht wie für „Luzian Engelhardt“ aus einzelnen lustigen Onepagern, die eine zusammenhängende Geschichte ergeben, bestehen sollte, sondern aus einer homogeneren Story, ist die Arbeit nur so geflutscht. Ich glaube, dass ich nach dem Entwickeln des Plots nur ein knappes Vierteljahr für die Texte und die Seitenaufrisse gebraucht habe.

Bierkonsum hat mit der Entwicklung von „Gambert“ leider nichts zu tun. Das hat schon eines massiven Scotch-Genusses bedurft. – Nein, Spaß beiseite. Wie schon gesagt, war das eher eine knallharte Entwicklungsangelegenheit. Natürlich habe ich meine abgelehnten Ideen irgendwo gespeichert. Man weiß ja schließlich nie, ob man sie nicht noch irgendwann braucht. Inspirationsquellen gab es nur insofern, dass ich mich für alle möglichen mythologischen Dinge interessiere, vor allem für die nicht landläufig bekannten.

War für euch von Beginn an klar, den Comic in einem Funny-Zeichenstil umzusetzen?

DS/JS: Ja, denn so kennt man unsere Arbeit.

Jan, welche Zeichner aus dem Comic/Kunst-Bereich gehören zu deinen Favoriten?

JS: Natürlich gibt es Zeichner, die ich besonders wertschätze. Ich bin absolut fasziniert von der Kunst Christian Binets, von den Arbeiten Jean-Claude Fourniers und natürlich vom Werk des wunderbaren André Franquin, um nur einige zu nennen. Auch die Zeichnungen des hierzulande nicht ganz so bekannten Pierre Tranchand finde ich hervorragend.

Ohne zu viel zu verraten: Worum geht es im ersten Band von „Gambert“? Stellt doch bitte kurz die wichtigsten Figuren vor! Ist Band 1 in sich abgeschlossen und wie viel Bände sind geplant?

DS/JS: Zunächst werden die Protagonisten vorgestellt. Da wäre zum einen Gambrinus, der ehemalige Gott des Bieres, der nun jedoch schlicht Gambert heißt. Er bewacht den einzigen Zugang zur Welt der Mythologie, hat dafür jedoch seine Göttlichkeit aufgeben müssen. Nur mithilfe seines ihm eigenen Elements Bier ist er noch in der Lage, halbwegs weltbewegende Dinge zu verrichten.

Gambert zur Seite steht die kleine Umbra. Sie ist eine Monade. Oder besser: die letzte! Bei der Entwicklung der Umbra-Figur stand die Monadentheorie von Leibniz Pate. Allerdings in sehr frei interpretierter Form.

Der Bösewicht ist ein Fiesling, den alle nur den Magister nennen. Er braucht Umbra, um unsterblich zu bleiben. Sein Problem: Er kriegt die Kleine nicht so einfach zu sich in die Welt der Mythologie. Also heckt er einen perfiden Plan aus, um der letzten Monade habhaft zu werden. Doch der Ex-Gott Gambert hat auch noch das eine oder andere Ass im Ärmel.
Die Handlung von Band 1 ist in sich abgeschlossen, lässt aber Raum für weitere Fortsetzungen. Wie viele es sein werden, entscheidet letztlich das geneigte Publikum. Momentan sind erst einmal zwei Teile anberaumt.

Wie geht es mit euren anderen Comic-Projekten (Luzian/Der letzte Kobold) weiter? Und nach den Turbulenzen bei Epsilon: Bei welchem Verlag?

DS/JS: Zunächst einmal (das wird irgendwie immer wieder verwechselt) ist „Der letzte Kobold“ eine Serie, die Stefan „Pits“ Pede zeichnet. Den „Luzian Engelhardt“ zeichnet Jan. Autor beider Reihen ist Dirk.

Aktuell können wir nur sagen, dass wir Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit beide Projekte weiterlaufen, denn sie sind noch lange nicht „auserzählt“. Der Kobold war bislang auf fünf Alben konzipiert, der Luzian auf mindestens zehn, mit Ausblick auf mehr. Wie und vor allem wo es mit beiden Serien weitergeht, ist aktuell noch nicht spruchreif. Aber wir sind am Ball. Versprochen.

Wo kann man euch ggf. auf Promotion- und Signieraktionen treffen?

DS/JS: Das ist schwer zu sagen. Aber der Comicsalon Erlangen ist eine unumgängliche Veranstaltung. Außerdem fühlen wir uns als „Pioniere“ des Comicgartens Leipzig dieser alljährlichen Open-Air-Veranstaltung verpflichtet, genauso wie dem Dresdner Comicfest oder der MOSAIK-Börse in Wolfen. Weitere Termine sind momentan noch nicht absehbar.

Woran arbeitet ihr neben eurer Comic-Tätigkeit?

DS: Da die Arbeit an Comics in Deutschland viel Enthusiasmus erfordert und für die meisten nur einen Nebenerwerb darstellt, wenn überhaupt, arbeite ich im „richtigen Leben“ als Lehrer. Außerdem bin ich häufig als Lektor und Korrektor tätig. Aktuell verfasse ich unter anderem auch noch einen Teil der redaktionellen Texte im MOSAIK. Meine zeichnerischen Ambitionen habe ich zugunsten der Autorentätigkeit auf ein Minimum reduziert.

JS: Ja, da gibt es auch bei mir so einiges, denn man muss ja schließlich mit irgendetwas seinen Lebensunterhalt bestreiten. Und so verdiene ich meine Brötchen hauptberuflich als freischaffender Werbegrafiker, Illustrator und projektgebunden als Creativ Director für verschiedene Agenturen. Die Arbeit am Comic muss dann oftmals auf die späten Abend- und Nachtstunden verschoben werden. Das hat natürlich den gravierenden Vorteil, dass ich umso ungestörter und konzentrierter arbeiten kann, da sich die allermeisten Leute schon zur Nachtruhe begeben haben und die Telefone schweigen. Bis auf jene nicht allzu seltenen Augenblicke, in denen der Herr Seliger zu fortgeschrittener Stunde zum Hörer greift, weil er eine neue Idee hatte oder aus sonst was für Gründen wieder mal nicht schlafen kann…

Text via PPM.