Der moppelige Zausel Gambert ist ein leidenschaftlicher Genießer. Nichts geht für ihn über den revitalisierenden Genuss eines frisch gezapften Bieres oder eines wohlduftenden Krauts aus seiner Pfeife. Als ausgerechnet am Vatertag eine Gruppe offensichtlich gut abgefüllter Bollerwagen-Touristen durch seinen Heimatwald spaziert, ist es jedoch vorbei mit der idyllischen Ruhe. Nicht etwa wegen alkoholisierter Ruhestörung. Dafür hätte Gambert gerade heute vollstes Verständnis. Wenn die nichts ahnenden Trunkenbolde jedoch unweit seines Hauses brutal in ihre Einzelteile zerlegt werden, dann sind wohl übersinnliche Mächte am Werk und verlangen nach Gamberts Bierzauber…
Wie man sich doch täuschen kann. Erweckt das quietschbunte Titelbild des ersten „Gambert“-Bandes noch den Eindruck, dass es sich hier um familienfreundliche Unterhaltung in bester Peyo-Tradition handelt, schlagen die ersten, überraschend derben aber nie anzüglich-zotigen Seiten in eine ganz andere Kerbe. In bester deutscher Comic-Tradition erfährt der sportliche Umtrunk, die heilige Kuh unseres Kulturkreises, hier eine augenzwinkernde Huldigung, die Rötger Feldmann eine Träne der Rührung über die Wange kullern ließen.
Bevor wir zur finalen, noch überraschenderen Metamorphose dieses unerwartet vielschichtigen Funny-Juwels kommen, sollte nicht unerwähnt bleiben. mit welcher pedantischen Detailverliebtheit Künstler Jan Suski seine Settings inszeniert. Gleich auf der ersten Seite fällt der stilistisch ungewöhnlich hohe Detailgrad auf. Die Textur von steinernen Torbögen oder die Beschaffenheit von Farnen würde man wohl eher in naturalistischen, ernsteren Comics vermuten, trägt aber gleichzeitig auch immens zur Atmosphäre des Bandes bei.
Und die kann er gut brauchen, denn im Laufe der 56 Seiten mausert sich das Abenteuer des Bierzauberers und seiner magischen Knuddelbegleitung Umbra doch tatsächlich zu epischer Fantasy samt wirklich beeindruckender Actionsequenzen, wie der beachtlichen Schlacht zwischen verschiedenen dämonischen Mächten. Eine wirklich charmante, liebevolle Comic-Wundertüte, die weit mehr zu bieten hat, als sie zunächst vermuten lässt!
D. Seliger, J. Suski: Gambert und der Vitus-Zauber. Splitter/Toonfish, Bielefeld 2017. 56 Seiten, 13,95 Euro.