Mit dem Fahrrad durch die Prärie – „Lucky Luke sattelt um“

© Lucky Comics, 2019. All Rights Reserved – by Mawil

Natürlich könnte man es ungewöhnlich finden, dass Lucky Luke nicht auf seinem angestammten Pferd Jolly Jumper durch die Prärie reitet – schließlich ist es das smarteste Pferd der Welt, das immer wieder dafür sorgt, dass Lucky Luke heil aus seinen Abenteuern hervorgeht. Doch wenn der Berliner Mawil ein „Lucky Luke“-Abenteuer schreibt, kann das eigentlich nur so enden – schließlich ist Mawil ein erklärter Fahrradfreund, der auf seinem DDR-Diamant-Rad schon bis ins Baltikum geradelt ist:

„Ich finde, man kann für das Fahrrad gerne noch ein bisschen Promotion betreiben – es ist eine der wenigen Erfindungen der Menschheit, wo die Vorteile überwiegen.“

Bausatz für ein Fahrrad

Das Pferd Jolly Jumper geht mit dem Eisenbahnwaggon verloren, den ein Schurkenpärchen namens Smith und Wesson mitten in der Prärie absprengt, um ein geheimnisvolles Paket zu stehlen. Das landet natürlich bei Luky Luke – und darin ist der Bausatz für den Prototypen eines Fahrrads. Was ein Fahrrad ist, weiß Lucky Luke so wenig wie fast alle anderen in diesem Comic, aber als er den mitgelieferten Imbus-Schlüssel findet, baut er das unbekannte Gefährt so mühelos zusammen, dass es erfahrenen Radfahrern ehrfurchtsvolle Schauder über den Rücken jagt.

Mawil (Autor und Zeichner): „Lucky Luke sattelt um – Hommage 3“.
Egmont Comic Collection, Berlin 2019. 64 Seiten. 15 Euro

„Wenn ich so ein Buch anfange, dann sammel ich erst mal nur lustige Szenen. Das heißt, ich schreibe alles auf zum Thema Fahrrad oder was sonst mir noch an lustigen Gags einfällt, und dann versuche ich irgendwie möglichst viele von den Gags mit einer gewissen Dramaturgie da reinzupressen.“

Schrill-bunt statt kantig-klar

Die herrlichsten Gags sind jene, in denen aktuelle Ärgernisse in den Wilden Westen verlegt werden. Als zum Beispiel der Besitzer des Fahrrad-Bausatzes für Lucky Luke eine Fahrkarte nachlösen soll, da wird das Absprengen des Waggons vom Schaffner nach kurzem Grübeln als „Störung im Betriebsablauf“ deklariert. Oder die, die an den Klassiker anknüpfen: Wenn das Pferd Jolly Jumper nach einer deftigen Wirtshaus-Prügelei zur Flucht bereit unter dem Fenster wartet – und Lucky Luke aus dem Nachbarfenster auf den Drahtesel springt. Gekonnt reiht Mawil einen Gag an den nächsten, ganz so, wie es René Goscinny im original „Lucky Luke“ gemacht hat. Die Zeichnungen von Mawil sehen allerdings nicht ganz so aus wie die von „Lucky Luke“-Erfinder Morris: Pferde und Reiter wirken viel knubbeliger und mitunter schrill bunter als das kantig-klare Original.

„Ich wär selber nie auf die Idee gekommen, mir das zuzutrauen, aber die von Egmont haben halt so einen V-Mann in der Comic-Szene, und der hat mich mal unter vier Augen gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Und ich konnte mir das vorstellen – und hatte erst ziemlichen Respekt und habe dann einfach gesagt: ‚O.k., wenn die mich fragen, ich probier’s einfach mal aus.‘“

Und was hat Mawil an dieser respekteinflößenden Aufgabe gereizt? „Ganz einfach: große Auflage und Ruhm und Ehre.“ Tatsächlich hatte Mawil schon einige Übung darin, den „Luky Luke“ zu zeichnen, immerhin war er schon als Kind ein Fan und hat dessen Abenteuer einfach selbst weitergezeichnet. Eigentlich war damals schon alles angelegt, meint Mawil, groß weiterentwickelt hat sich sein Lucky Luke seither nicht.

Komplexere Geschichte

„Der sah noch nicht so gut aus, der Kinder-‚Lucky Luke‘. Der neue ist jetzt bunt mit Photoshop ausgemalt, ansonsten gar nicht mal so sehr viel.“ Die Geschichte ist allerdings deutlich komplexer geworden und trägt klar Mawils Handschrift. Vor allem Mr. Overman, der Fahrrad-Erfinder, trägt die Züge des liebevollen Verlierers, den Mawil in seinen Comics kultiviert, weshalb Mawil immer wieder der Woody Allen der deutschen Comic-Landschaft genannt wird.

„Also, ich wollte schon irgendwas Eigenes von mir einbauen, und diese Nebenfigur Mr. Overman, die sieht ein bisschen ähnlich aus wie der Superhasi oder der Mirko Watzke aus dem ‚Kinderland‘-Comic. Ist ja auch Werbung für mich, wie man so schön sagt.“

Mit „Lucky Luke sattelt um“ hat Mawil eine Hommage an den Klassiker gezeichnet, wie sie sein sollte: Es gibt genug Anknüpfungspunkte an das Original, die ein lustvolles Wiederentdecken möglich machen. Und zugleich ist dieser Western eigen und voller aktuellem Zeitgeist. Auch, weil dieser „Lucky Luke“ eine Hommage an das Fahrrad ist, das allen anderen Fortbewegungsmitteln klar überlegen ist – selbst in der Prärie.

Dieser Text erschien zuerst am 23.04.2019 in: Deutschlandfunk

Andrea Heinze arbeitet als Kulturjournalistin u. a. für kulturradio rbb, BR, SWR, Deutschlandfunk und MDR.

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