Osteuropa ist das neue Hollywood: Manches Studio lagert schon aus Kostengründen seine Dreharbeiten dorthin aus, auch wenn die Filme ihre Herkunft rein äußerlich gern verleugnen. Und manche Actionrecken früherer Zeiten – allen voran Dolph Lundgren, der auf seine alten Tage mittlerweile so etwas wie ein Ein-Mann-Direct-to-DVD-Filmproduktionsstudio darstellt – konzentrieren sich sogar allumfassend auf den ehemaligen Ostblock nicht nur als Produktionsstätte, sondern auch als maßgeblichen Spielort ihrer Allmachtsfantasien. Von daher ist es vielleicht kein Wunder – zumindest aber wohl finanzökonomisches Kalkül -, wenn es den Ghost Rider (Nicolas Cage), den mit Lederkluft-, Motorrad- und Eisenkettenausstattung schon immer proletarischsten aller Comichelden aus der zweiten oder dritten Marvel-Reihe, für die Fortsetzung seines ersten, auf eigentümliche Weise recht unterhaltsam geratenen Kinoabenteuers nun ins osteuropäische (und vorderasiatische) Hinterland verschlägt, wo er hinter alten Mauern des noch älteren Europas Wunden leckt.

© Constantin

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So ist denn „Ghost Rider 2“, man muss das in aller Deutlichkeit so sagen, in erster Linie öder Murks, stets gefesselt zwischen dem Erzählen-Wollen einer überdies recht faden, der Rede nicht werten Abenteuergeschichte mit etwas Indiana-Jones-artigem Okkultismus-Budenzauber und einem nie recht zugelassenen Drang zum Actionexzess. Dabei war es doch gerade der Ballast des Erzählens, der „Plotitis“, dessen sich Neveldin/Taylor mit ihrer wunderbar grotesken Anordnung in „Crank“ fröhlich entledigt hatten. In „Ghost Rider 2“ kommt er dafür nun geballt, plump und schwer zurück, noch dazu in einer der unnötigsten und ineffektivsten 3D-Konvertierungen der jüngeren Zeit. Das ist insofern auch absurd, da der Film am Ende schließlich eine Erlösungsgeschichte erzählt, davon wie der Ghost Rider sich seines Fluchs entledigen könnte, gewissermaßen eine Art Luzifer-Inversion – von der Höllenbrut zur Lichtgestalt: Wer sollte wohl – und warum überhaupt – ein Interesse daran haben, dass ausgerechnet der schmutzigste, exzessivste Rocker der ansonsten so steril anmutenden Pfadfinderbande im Superheldenuniversum am Ende nicht mehr bösartig mit Eisenketten und Feuersbrunst hantiert, sondern fromm und artig Weihwasser verspritzt? Ihr Teufel und Dämonen unter Gottes weitem Himmel, was für ein blanker Unsinn!
Dieser Text erschien zuerst am 22.02.2012 in: perlentaucher.de
Ghost Rider: Spirit of Vengeance
USA 2012
Regie: Mark Neveldine, Brian Taylor – Darsteller: Nicolas Cage, Fergus Riordan, Ciarán Hinds, Idris Elba, Christopher Lambert, Violante Placido, Johnny Whitworth – Länge: 96 min. – Start: 23.02.2012
Thomas Groh, Jahrgang 1978, lebt seit 1997 in Berlin, ist Redakteur bei Deutschlandfunk Kultur und schreibt u. a. für die taz, den Tagesspiegel, den Perlentaucher und weitere Medien über Filme. Im Netz anzutreffen ist er in seinem Blog und auf Twitter.