Der US-Moderator und Hobby-Rotschopf Conan O’Brien witzelte vor nicht allzu langer Zeit, dass wenn man irgendwo auf der Welt seinen Vornamen googelt, er selbst dann als erstes Ergebnis erscheint… außer in Japan, wo „Detektiv Conan“ als erstes auftaucht. Ich lachte, dann dachte ich nach. In Deutschland ist der Moderatoren-Conan doch gar nicht soooo bekannt?! Der Anime-Conan wird immerhin im Fernsehen gezeigt, die Mangas verkaufen sich und seine Filme erscheinen auch hier auf DVD. Also machte ich die Probe aufs Exempel und als erstes Suchergebnis erschien – keiner von beiden, sondern „Conan der Barbar“ (genauer, die Filmversion von 2011 mit Aquaman in der Titelrolle). *Klatsch an den Kopf* Klar, den gibt es ja auch noch.
Conan, das Kraftpaket aus dem Land Cimmeria, das die Welt des Hyborischen Zeitalters durchstreift, gibt es schon lange. Conan – also der Barbar, nicht der Detektiv oder der Late-Night-Spaßmacher – ist eine dieser Figuren, die eher durch ihre Zweitvermarktung geläufig sind. So ähnlich wie James Bond oder Sherlock Holmes. Jeder kennt die Filme, die Serien usw., und irgendwie weiß man ja auch, dass das Ganze mal Bücher waren, aber fragt man dann Otto-Normal-Interessierten, ob er so ein Buch auch mal in der Hand hielt, hört es auch schon auf. Dabei sind sie wunderbare Unterhaltung. Dazu noch eine Anekdote – und wir befinden uns wieder in der Welt der Late-Night-Shows. Dort fragte Ratpack-Legende Sammy Davis Jr. den damals noch relativ jungen wie auch relativ unpolitischen Arnold Schwarzenegger, was denn seine nächste Rolle wäre. Der meinte „Conan der Barbar“, worauf Sammy erwiederte: „Ach, die Marvel-Comics?“
Conans AnfängeRobert Ervin Howard begann bereits früh Abenteuergeschichten zu schreiben. Was sollte man auch sonst groß machen, wenn man in der Einöde von Texas vor sich hinlebt? Seine Vorbilder waren Jack London und Rudyard Kipling, er liebte Wikinger, 1001 Nacht-Geschichten, große Schlachten und große Helden. Er begann für Pulp-Heftchen zu schreiben und entwickelte Serienfiguren, wie den Abenteurer Kull von Atlantis oder Solomon Kane. Dann, fast über die kompletten 30er, erschienen Conans Abenteuer, geschrieben von Howard, in den Heften der Reihe „Weird Tales“. Selbst nach Howards Freitod im Jahr 1936 erschienen weitere Geschichten, da er viele Storys auf Vorrat schrieb. In den 50ern und 60ern begann man damit die Geschichten in Buchform zu veröffentlichen. Hierbei finden wir auch eine wichtige Inspirationsquelle für die späteren Comics und Verfilmungen, denn die Cover der Buchausgaben schmückten Malereien des großartigen Frank Frazetta.
Conan und die Comics
Die 60er waren für den Marvel-Verlag, als wäre ein Traum wahr geworden. Nach den schwierigen 50ern kam jetzt Schlag auf Schlag ein Hit nach dem anderen. Nachdem sie Ende der 60er einen Vertriebswechsel vornahmen und nun die Anzahl ihrer Veröffentlichungen deutlich erhöhen konnten, wurden zum einen die Figuren, die sich bisher Hefte teilen mussten, als Einzelserien rausgebracht. Aber es sollte noch weitergehen und zwar mit Lizenzcomics. Verlage wie Dell oder Gold Key waren hier Vorbilder. Sie veröffentlichten Comics, basierend auf beliebten Filmen, Büchern oder Fernsehserien. Donald Duck, Star Trek oder Twilight Zone waren beispielsweise sehr beliebt in dieser Zeit.
Marvel-Redakteur Roy Thomas schwebte vor, eine beliebte Sword-&-Sorcery-Serie in Comicform ins Programm zu nehmen. Für Ober-Marvelianer Stan Lee waren das eher böhmische Dörfer und Thomas musste erst einmal Aufklärungsarbeit leisten.
Der Legende nach bekam Thomas vom Haus der Ideen ein Lizenzbudget von 150 Dollar pro Ausgabe für eine deratige Figur. Doch er glaubte nicht, dass das für den erfolgreichen „Conan“ reichen würde. Also versuchte er es mit „Thongor von Lemuria“, einer nicht ganz unähnlichen Reihe von Barbaren-Geschichten, die tatsächlich auch später in den 70ern bei Marvel landete. Beim ersten Versuch aber scheiterte Thomas, denn selbst für Thongor war das zu wenig Bares. Mit all seinem Mut (und einem eigenmächtig erhöhten Budget) versuchte er es dann doch bei den Howard-Nachkommen und bekam tatsächlich einen Vertrag. Die Geschichte des Cimmeriers im Land der Comics konnte beginnen.
Die Sache mit den FrostriesenWie Conan in den Comics veröffentlicht wurde, lässt sich eigentlich sehr schön an einer einzigen Geschichte erzählen, nämlich „Ymirs Tochter“ („The Frost Giant’s Daughter“). Bei dieser Shortstory handelt es sich um eine sehr frühe Geschichte in Conans Chronologie. Hier ist er noch weit im Norden als junger Kämpfer unterwegs. Howard selbst erlebte die Veröffentlichung der Geschichte in der Originalversion nicht mehr, denn sie wurde als Conan-Veröffentlichung abgelehnt. So konnte er sie nur noch umgeschrieben mit einer anderen Hauptfigur an den Mann bringen. Conan schließt sich in der Geschichte den Aesir an und kämpft in einer wilden Schlacht mit ihnen gegen das Volk der Vanir. Der chimmerische Barbar wird der letzte sein, der auf dem Schlachtfeld lebend aufrechtsteht. Da erscheint ihm eine junge Frau, Atali, halbnackt mitten im Schnee, und Conan folgt ihr durch die wilden, weißen Berge. Die Kurzgeschichte gehört inzwischen zu den großen Klassikern in Howards Werk, ist aber damals wie heute eine nicht ganz einfache Geschichte. Das Setting im hohen Norden und Conan, der wie in Trance einer Frau folgt, ist nicht gerade typisch für den Barbaren. Dass er sie fangen will, um sie zu vergewaltigen, macht ihn dann auch nicht unbedingt sympathischer.
„Ymirs Tochter“ war die erste Geschichte in einer Magazin-Reihe von Marvel namens „Savage Tales“, die 1971 erschien. Um Comics für Erwachsene zu drucken, die nicht vom berüchtigten Comics Code geprüft wurden, veröffentlichte Marvel (wie auch andere Verlage) Magazine, die meistens ein größeres Format hatten, eine höhere Seitenzahl besaßen als die normalen Hefte und überwiegend in schwarz-weiß gedruckt wurden. In diesem Format erschien nun die Kurzgeschichte, adaptiert von Thomas und gezeichnet von Barry Windsor-Smith, die bereits gemeinsam die reguläre „Conan the Barbarian“-Heftserie bei Marvel starteten. Dazu ein gemaltes Cover von John Buscema, welches an die Buchcover von Frazetta erinnert – fertig war ein Instant-Classic.
Etwa ein Jahr später wurde die Geschichte dann wiederverwendet. Mit einer neuen Eingangsseite, eingefärbt und stark zensiert erschien sie noch mal in der Nummer 16 der Hauptserie „Conan the Barbarian“. Das sollte aber nicht alles sein, denn wieder einige Zeit später brachte Marvel eine weitere Conan-Magazin-Serie auf den Markt: „Savage Sword of Conan“, und auch in deren Nummer 1 wurde die Geschichte wiederverwendet und erneut abgeändert. Wie die „Savage-Tales“-Ausgabe war diese schwarz-weiß, enthielt die neue Startseite der „Barbarian“-Ausgabe und wurde leicht zensiert: Atalis sekundären Geschlechtsmerkmale wurden minimal abgeschwächt.
In Deutschland erschien die Geschichte bei Condor in der Conan-Taschenbuchreihe sowie im Hethke-Verlag in der „Sprechblase“. Und selbstverständlich ist sie ein elementarer Bestandteil der neuen wunderschönen Classic-Collection-Reihe von Panini, wo sie gleich zwei Mal enthalten ist: als zensierte, farbige „Barbarian“-Ausgabe und in der originalen „Savage-Tales“-Version. Gerade in der Schwarzweiß-Version entdeckt man den wunderbaren und eleganten Strich des damals noch jungen Barry Windsor-Smith. Die dynamische Panel-Aufteilung, die Schattierungen… es ist kein Wunder, dass Marvel ihn möglichst schnell für die hauseigenen Serien einsetzen wollte.Die Hauptserie „Conan the Barbarian“ sollte bis in die 1990er andauern, überwiegend geschrieben von Thomas und ab Ausgabe 25 gezeichnet von John Buscema. „Savage Sword of Conan“ wurde ebenfalls bis 1995 veröffentlicht, also bis in eine Zeit, in der die Ära der US-amerikanischen Comic-Magazine eigentlich längst vorbei war.
Der erste Wechsel
Nach Marvel übernahm „Hellboy“-Verlag Dark Horse Anfang der 2000er die Comic-Rechte an Conan und startete eine neue Reihe. Geschrieben wurde sie von „Astro City“-Autor Kurt Busiek und gezeichnet von Cary Nord, der sich mit „Daredevil“-Comics einen Namen machte. Nords Technik machte diese neue Serie zu etwas Besonderem, denn sie wurde nicht geinkt. Seine Zeichnungen wurden direkt eingefärbt (von Koloristen-Legende Dave Stewart!) und erschaffen so einen rauen und wilden Look, der natürlich hervorragend zum ungestümen Cimmerier passt. Gleich in Ausgabe 2 widmen sich Busiek und Nord „Ymirs Tochter“ mit einer eigenen Adaption. Auch diese Ausgabe erschien in Deutschland. Panini brachte sie in Ausgabe 1 ihrer 2006er Softcover-Reihe heraus.
Neben neuen Comics widmete sich Dark Horse auch dem klassischen Conan-Material und veröffentlichte die alten Marvel-Hefte neu in einer Reihe namens „Chronicles of Conan“ (drei Ausgaben erschienen als „Die Abenteuer von Conan“ als limitierte Messeausgaben bei Panini). Für diese Sammlungen wurden die Hefte neu koloriert und neu gelettert. Das Ergebnis ist… sagen wir mal „umstritten“.
Inzwischen ist Conan wieder Teil des Marvel-Universums. Mit stolzer Brust verkündete Marvel 2018, dass sie wieder die Rechte am Barbaren übernommen haben und ab 2019 die beliebten Reihen wiederbeleben werden. Die Hauptserie schreibt Jason Aaron, dem wir eine jahrelange, großartige Thor-Saga zu verdanken haben. Das lässt Großes erhoffen. Ab August dann auch in Deutschland bei Panini.
Bei Crom, der europäische Conan?
Doch tatsächlich ist das nicht alles, was wir von Conan lesen dürfen. 1936 starb Robert E. Howard, und nach den Gesetzen vieler europäischer Länder wanderten seine Werke 70 Jahre später in die Gemeinfreiheit (neudeutsch: Public Domain). Und so wagte sich der französische Verlag Glenat an eine 12-teilige Anthologie-Reihe, in welcher beliebte europäische Künstler die Geschichten Howards adaptieren. Natürlich darf des Frostriesens Tochter hier nicht fehlen. In Deutschland veröffentlicht diese Ausgaben der Splitter-Verlag und „Ymirs Tochter“ ist der aktuellste Band dieser wunderschönen Reihe, die, wie bei Splitter üblich, als großformatiges Hardcover-Album erscheint. Für die Adaption dieser Geschichte zeichnet Robin Recht verantwortlich, der bereits die ähnlich gelagerte Serie „Elric“ (ebenfalls bei Splitter), eine ganz hervorragende Adaption von „Der Glöckner von Notre-Dame“ (auch bei Splitter) und das „Dritte Tesament“-Spin-off „Julius“ (ausnahmsweise nicht bei Splitter, sondern Carlsen) umsetzte. Recht gestaltet „Ymirs Tochter“ mit riesigen Panels und einem wilden Strich, reduzierten Farben und mit der ausufernden Nutzung von Soundwords, wie man sie in der Form vielleicht am ehesten noch aus der Adam-West-Batman-Serie kennt.
Doch damit erschafft er eine unglaubliche Atmosphäre, die die LeserInnen in die Bergwelt von Atali regelrecht hineinsaugt. Deren Brüder, die Windsor-Smith und Nord als teilweise entstellte humanoide Riesen beschrieben, interpretiert Recht als monströse Eisbären. Was tatsächlich besser in die unwirklichen Eiswelten der Geschichte passt. Ist seine Version besser als die vorherigen? Das kann man nicht sagen. Jede Adaption passt in ihre Zeit, keine ist einfach hingeschluderte Massenware, sondern Comickunst vom Feinsten. Von daher ist Rechts Version (mit Recht …) vor allem eins und das ähnlich wie Conan selbst: Würdig!
Michael Hochhaus leitet das Produktmarketing bei Koch Films. In seiner Freizeit durchstreift er das Hyperaktive Zeitalter, rettet holde Jungfrauen und erlegt fiese Riesen, Zauberer und Abgabetermine.