Spiral City, 125 Jahre nach dem Ende der Helden: Die Erde versinkt in einer Gewaltherrschaft. Eine faschistoide Regierung verschanzt sich hinter einer Zitadelle und regiert mit eiserner Hand. Alle Fremdlinge werden gnadenlos verfolgt, was auch der gestaltwandlerische Marsianer erfahren muss, der sich des Nachts durch die Straßen schleicht. Gerade noch kann er von einer Polizeikontrolle in ein Restaurant fliehen, wo er eine Kellnerin aufsucht und um Hilfe bittet. Immerhin gehörte die Dame als Hammer Lass vor Jahren zur Quantum League, die als Vereinigung von Helden aus allerlei Welten den ursprünglichen Heroen von Spiral City nacheiferten, die ja vor Jahrzehnten nach dem Kampf gegen Anti-Gott spurlos verschwanden. Hammer Lass wirft ihn allerdings brüsk vor die Tür – immerhin droht jedem Alien die Todesstrafe. Nicht umsonst, denn die Marsianer griffen weiland die Erde an und konnten nur durch einen selbstzerstörerischen Schlag der Quantum League in Gestalt einer mentalen Bombe durch das Alien Erb aufgehalten werden, dem eine ganze Metropole zum Opfer fiel.
Seitdem macht der Präsident Hatz auf alle flüchtigen Marsianer, aber dennoch kann unser metamorpher Freund Hoffnung schöpfen, als er sich urplötzlich auf einem Satelliten mit zwei Mitgliedern der ehemaligen Quantum League widerfindet: Modula und Erb. Die drei machen sich auf in Richtung Supercomputer Mutter, zu dem der ehemalige Chef Archive sich zurückgezogen hatte. Man staunt nicht schlecht, als sich hinter Mutter niemand anders verbirgt als Talky Walky, der Roboter, der gemeinsam mit Colonel Weird zu den alten Recken gehörte. Talky Walky lässt sich erweichen, Archive wieder freizugeben, und gemeinsam schwingt man sich Richtung Mars, wo man allerdings Zeuge eines vernichtenden Angriffs durch die Erdtruppen wird – angeführt vom Präsidenten selbst. Entsetzt stellt man fest, dass kein anderer als der alte Held Gravitus mittlerweile der schurkische Präsident ist, und so kommt es dann in der Zitadelle, ironischerweise dem alten Hauptquartier der Quantum League, zum Showdown…Man muss sich wirklich wundern, mit welchem Einfallsreichtum Jeff Lemire sein wunderbares Black-Hammer-Universum immer weiter ausbaut. Neben der regulären Storyline durften wir ja schon mehrere Hommagen an die klassische Science Fiction bestaunen (Sherlock Frankenstein und Doctor Star), aber nun hält Lemire einen weiteren Leckerbissen für uns bereit: In die Zukunft führt er uns nun, weg von den Origins hin zu einer düsteren Vision, die zeigt, was sich Jahrzehnte nach den Ereignissen auf der verwunschenen Farm abgespielt hat. Dabei zitiert Lemire mit einer Vielzahl spaßiger Heldennamen und –fähigkeiten (Feuerspucken, Aufpumpen, Telepathie, Ausstrecken, alles ist geboten) und einer ikonischen Zitadelle natürlich eine wunderbare Referenz auf die Legion of Superheroes, in deren Reihen wir ja illustre Figuren wie Saturngirl, Cosmoboy und selbstverständlich auch den genialsten Helden aller Zeiten Allesesserboy (im Original nicht weniger kurios Matter Eating Lad) fanden.
Archive mit seinem sichtbaren Gehirn bietet eine direkte Referenz auf Superhirn Brainiac 5, und die Zeitsprung-Aspekte, die wir hier durch das Auftreten von Talky Walky (in der Rolle des Mutter-Computers, den wir aus „Alien“, „Terminator“ und anderen Epen bestens kennen) und (Spoiler!) Colonel Weird nebst Madame Dragonfly erleben, kennen wir ebenso aus den Zeitreisen, die ein gewisser Superboy zur Legion der Helden zu unternehmen pflegte. Beziehungstechnisch wieder ausgefeilt, mit vielen zwischenmenschlichen Hakeleien, Alien/Mensch-Kontrasten und vor allem reichlich Tragik, gerät auch dieser Beitrag wieder zu einem phänomenalen Lesevergnügen. Der nächste Band steht bereits ins Haus. Gut so.
Dieser Text erschien zuerst auf Comicleser.de.
Holger Bachmann ist Autor diverser Bücher und Aufsätze zur Film- und Literaturgeschichte. Neben dem Comicleser.de schreibt er auf kühleszeug.de über Konzerte und geistvolle Getränke.