Nach Jahren als kalifornischer Gouverneur und einigen Retro-Action-Vehikeln ist Arnold Schwarzenegger nun wieder als Terminator verfügbar – ein Umstand, aus dem die Macher des fünften Films (Regie: Alan Taylor, „Thor“-geprüft) in dem 1984 begonnenen Cyborg-Franchise einiges herauszuholen bemüht sind. So sehen wir also nun in „Terminator: Genisys“ Arnie im Kampf gegen sich selbst: den bösen, jungen 1984er Mittelscheitel-Ur-Terminator, digital reanimiert, gegen den zum Beschützer umprogrammierten Terminator im schwarzledrigen Biker-Look von „Terminator 2“ (1991). Hinzu kommen der ergraute Terminator der Gegenwart und der zum Adoptiv-„Pops“ ernannte Schutzengel-Terminator eines kleinen Mädchens in 1970er-Rückblenden. Überhaupt gerät das Entsenden von Mentoren und Zeitkontinuumsklempnern in diverse Vergangenheiten und Doch-nicht-Zukünfte hier allmählich zur Manie, und die Zeit(schleifen)maschine wird zum totalen Tool.
Gute Ansätze sind durchaus vorhanden; so etwa die anfängliche Rückkehr zum Kaputtnik-Urbanismus eines NeoNoir-B-Movie (etwas, das dem ganz im Postapokalyptik-Geböller versinkenden Teil 4, „Terminator: Salvation“ ganz abging). Zweierlei Retro-Action ist hier im Spiel: Zum einen wird eine gewisse Cheesiness in Ausstattung und Gestaltung von Kampfszenen freudig ausgestellt. Zum anderen geht es retroaktiv zu, und das Noir-typische Festlaufen von Handlung und Bewusstsein in Schlingen der Zeit findet hier zu einer durchaus prägnanten Form: Nicht nur wird (wie seit Teil 2 üblich) aus dem Motiv- und Oneliner-Inventar des Gründungsfilms rezitiert; man stellt vielmehr gleich ganze Initialszenen aus dem 1984er Film werk- und materialtreu nach, samt nackter Bodybuilder, die aus Lichtkugeln im Straßenmüll geboren werden, und samt James Cameron’schem Blaustich und Spitzlicht im Bild.Auch der Flüssigmetall-Terminator in schwarzer Cop-Uniform aus Teil 2 mischt einige Szenen lang mit; 1991 von Robert Patrick laufstark und maliziös gespielt, wird dieser Gestaltwandler nun von dem Koreaner Byung-hun Lee dargestellt. Die Akteure hinter dem konspirativen Cyberdine-Konzern und seinem die Gattungszukunft bedrohenden Skynet werden von African Americans gespielt. Um es in Hinblick auf die racial politics des Films zu sagen: Hier sind nicht alle weißen Figuren automatisch „gut“; so etwa der kleine Bub, der die humanoide Gestalt des allumfassenden digital-maschinellen Netzes verkörpert, als wäre er ein Hologramm-Kind aus einem alten „Resident Evil“-Film. Das Netzwerk selbst ist nun eine Universal-App mit scheußlichem Design – umso unglaubwürdiger, dass die ganze Menschheit auf dessen aggressives Marketing hereinfallen und ihm alle ihre Angelegenheiten anvertrauen soll (hätte Facebook so einen Oberflächen-Look, wäre Myspace heute Weltherrscher) – und mit einem doofen Markennamen, der dem Film seinen Titelzusatz leiht: „Genisys“ klingt irgendwie nach Bibel oder Phil Collins‘ alter Band und ist wahrscheinlich eine Anspielung auf Schwarzeneggers steirische Sprachfärbung im Gebrauch von Englisch.
Letztere, längst ein Markenzeichen auch sie, kommt in den Anflügen von Screwball Comedy zum Tragen, die zu den punktuell fast gelungenen Neuerungen dieses (dem forcierten Happy End nach letzten) Terminator-Films zählen. Das Trio Kyle Reese (Zeitreisender aus dem Anti-Maschinen-Widerstand), Sarah Connor (als Mutter des Menschheitserlösers vorgesehen, hier nun allerdings dezidiert nicht zufrieden mit ihrer bloß gebärdenden Rolle) und Titelheld (der unter anderem Höflichkeitsformen wie etwa ein gezwungenes Grinsen gelernt hat) – die drei interagieren mitunter so, dass es wie „Meine Braut, ihr Terminator-Vater und ich“ anmutet, und zu einer Episode im Dauerzank zwischen Schwängerer und Schwiegerpapa läuft „I wanna be sedated“ von den Ramones. Aber ein einstiger Running Man ist kein einstiger Raging Bull, sprich: Schwarzenegger ist nicht DeNiro. Vielleicht soll ja der Terminator, jetzt wo Leonard Nimoy sich nicht mehr wehren kann, in die Fußstapfen von Spock treten – von wegen kaltherziger SciFi-Programmlogiker mit Bittermiene, dem ab und zu ein Hauch von Humanität abgerungen wird und der ob seiner Oneliner zum eben doch knuddligen Publikums-, zumal Kinderliebling avanciert. Aber Arnolds penetrant aufgesagtes „I’m old, not obsolete“ ist kein „Live long and prosper“, sondern macht eher deutlich, dass „I’ll be back“ irgendwas mit Rückenschmerzen bedeutet.Ansonsten fallen Jai Courtney, Emilia Clarke und Jason Clarke durch jeweils schöne Lippen angenehm auf. J. K. Simmons hat halblustige Auftritte als verwirrter Polizist, der Film hat ein Längenproblem, starken Hang zur Melancholie, zu viel Vertrauen in zu viele Gut-Böse-Wendungen (Doppelbödigkeit als Routineprogramm), reichlich Dialog und zu wenig durchschlagende Effekte. Die Bühnenversion wird besser.
Diese Kritik erschien zuerst am 07.10.207 in: filmgazette.de
Terminator: Genisys
USA 2015 – 125 min.
Regie: Alan Taylor – Drehbuch: Laeta Kalogridis, Patrick Lussier, James Cameron, Gale Anne Hurd – Produktion: Bill Carraro, David Ellison, Megan Ellison, Dana Goldberg, Laeta Kalogridis, Patrick Lussier, Paul Schwake – Kamera: Kramer Morgenthau – Schnitt: Roger Barton – Musik: Christophe Beck – Verleih: Paramount – FSK: ab 12 Jahren – Besetzung: Emilia Clarke, Jai Courtney, Arnold Schwarzenegger, Aaron V. Williamson, Jason Clarke, Matt Smith, Byung-hun Lee, Teri Wyble, J.K. Simmons, Sandrine Holt, Douglas Smith, Courtney B. Vance, Dayo Okeniyi, Nolan Gross, Jerome Andries – Kinostart (D): 09.07.2015
Drehli Robnik, geb. 1967, Theoretiker in Sachen Film und Politik, Edutainer, Kritiker, Disk-Jockey. Doktorat Universität Amsterdam (2007). Universitäre Lehrtätigkeit in A, D, CZ, FL 1992-2015. Monografien zu Stauffenberg im Film, zu Jacques Rancière und zur Regierungs-Inszenierung im Kontrollhorrorkino. Herausgeber der Film-Schriften von Siegfried Mattl. In Arbeit: DemoKRACy: Siegfried Kracauers Politik[Film]Theorie. Kürzlich erschien von ihm bei Neofelis „Ansteckkino. Eine politische Philosophie und Geschichte des Pandemie-Spielfilms von 1919 bis Covid-19“.