Ausgerechnet in Cattle Gulch, einer Viehzüchterstadt, kämpft Ovide Byrde, Präsident des örtlichen Tierschutzvereins und dessen einziges Mitglied, einen scheinbar aussichtslosen, aber gefährlichen Kampf für das Tierwohl. Als es für Byrde wieder einmal brenzlig wird, rettet ihn Lucky Luke, der in Cattle Gulch einen Viehtrieb übernimmt. Auf Byrdes Farm tummeln sich gerettete Tiere aller Art(en), darunter zur Überraschung Lukes auch der notorisch verpeilte Rantanplan. Und ausgerechnet der entdeckt in der alten Kohlemine, die auf Byrdes Grund liegt, eine Goldader. Und damit ein Vermögen, mit dem Byrde sein Tierheim vergrößern und eine Stiftung für das Tierwohl gründen und finanzieren will. Was aber bald einen üblen Banditen namens Tacos Cornseed auf den Plan ruft, der gerade aus dem Knast entlassen wurde und bei Byrde das große Geld wittert.
Nach Rassismus in Band 99 („Fackeln im Baumwollfeld“) nimmt sich Autor Jul (d. i. Julien Berjeaut ) mit dem neuen „Lucky Luke“ – es ist der vierte aus seiner Feder – erneut eines aktuellen Themas an: Tierschutz und Tierwohl. Ausgerechnet im wildesten Westen, in dem nicht einmal der (unbewaffnete) Mensch viel gilt, verschreibt sich Ovide Byrde seiner vegetarischen Sache, nimmt verletzte oder geschundene Tiere aller Art auf und kümmert sich um sie. Ein Einzelgänger, der regelmäßig Spott und Gewalt ertragen muss. Und der naiv genug ist, um sich später von Tacos Cornseed, der verdächtig an Jerry Springs Pancho erinnert, und dessen Desperados (u. a. Carott Kid und Tofu Sam – Vegetarier ohne Erbarmen…) ausnehmen zu lassen. Strunznaiv und damit leider auch ein wenig nervend. Denn einerseits verfolgt er idealistisch seine Tierschutzagenda gegen jeden Widerstand, lässt aber andererseits die Desperados als militante Vegetarier nahezu schrankenlos gewähren.
Auch wird das Gold-Motiv nicht konsequent zu Ende gedacht. Byrde ist nun offensichtlich vermögend, aber statt ihn einfach um sein Geld und Gold zu erleichtern und zu verschwinden, machen sich Tacos und seine Halunken in der Stadt breit und erheben unsinnige Steuern. Der erste Auftritt der Komantschen dagegen ist erfrischend (man gaukelt zunächst mangelnde Sprachkenntnisse vor, „damit es die Touristen schön folkloristisch haben“) und mündet in eine Belagerung von Cattle Gulch (jetzt Veggie Town), ganz im Stile der glorreichen Sieben – auch der Meisterschuss im Finale verweist auf den Western-Klassiker. Als Running Gag dient ein sprechender Papagei und die Daltons haben ebenfalls einen Gastauftritt, aber insgesamt zündet der Humor weniger als bei den vorherigen Alben Juls. Ausnahmen, wie das traditionelle „Teeren und Federn“, aus dem tierschonend „Teeren und Belauben“ geworden wird, bestätigen die Regel. Zeichnerisch macht Achdé dem großen Morris wieder einmal alle Ehre, indem er dessen Stil nahtlos fortführt.
Dieser Text erschien zuerst auf: Comicleser.de
Bernd Weigand ist schon über vier Jahrzehnte in Sachen Comics unterwegs: lesen, sammeln, übersetzen. Schreibt auch seit 20 Jahren über Comics, seit 2010 auf comicleser.de.