„Die Mauer“ – Eine Coming-of-Age-Graphic-Novel

Der Comic-Roman „Die Mauer“, der im Original als „Le muret“ bei Casterman und in der deutschen Übersetzung von Monja Reichert als Hardcover gerade bei Panini erschienen ist, spielt Ende der 80er-Jahre in Belgien und dreht sich um die 13-jährige Rosie. Ihre Mutter ist nach Dubai durchgebrannt, ihr Vater ständig auf Geschäftsreise, und so ist Rosie meistens sich selbst überlassen. Vor allem nachts hat sie allein im Haus Angstzustände. Sie schwänzt die Schule, trinkt Alkohol und lernt den Dieb und Dealer Jo kennen, bei dem sie Nähe und Geborgenheit findet und mit dessen Clique sie Stoff probiert und auf Konzerte geht. Nach dem Bruch mit ihrer besten Freundin kollabiert schließlich auch noch das labile Vertrauensverhältnis zu ihrem sporadisch anwesenden Vater, und Rosie flüchtet weiter weg von ihrem Zuhause als je zuvor. Doch keine dieser kleinen, nicht ungefährlichen Rebellionen macht ihre Probleme oder ihr Leben besser. Im Gegenteil…

Autorin Céline Fraipont und Zeichner Pierre Bailly, deren wortlose Kinder-Comicserie „Kleiner Strubbel“ hierzulande seit einiger Zeit bei Reprodukt veröffentlicht wird, gelang mit „Die Mauer“ eine überzeugende Coming-of-Age-Geschichte in minimalistischem Schwarzweiß, die sich zu keiner Zeit anbiedert oder in Hipster- und Emo-Gedusel verliert. Dafür baut man sehr schnell eine Verbindung zur sympathischen Ich-Erzählerin auf. Außerdem liest sich die Graphic Novel der gelernten Floristin aus Brüssel und des Comic-Künstlers aus Algerien, der am Institut Saint-Luc in der belgischen Comic-Hauptstadt studiert hat, angenehm kurzweilig.

Céline Fraipont, Pierre Bailly: Die Mauer. Panini, Stuttgart 2015. 196 Seiten • € 19,99