Jakob Hinrichs vermischt in seiner Comic-Interpretation von „Der Trinker“ Hans Falladas Roman mit dem Leben des Autors von „Jeder stirbt für sich allein“.
Jakob Hinrichs wurde 1977 geboren und studierte Illustration an der Universität der Künste Berlin sowie an der Universidad del Pais Vasco in Bilbao. Heute lebt er in Berlin und arbeitet als freier Illustrator und Comic-Künstler, wobei er z. B. die „New York Times“, den „Boston Globe“ und den „Guardian“ zu seinen Klienten zählt. Der u. a. von Hinrichs bebilderte Gedichtband „Der Fliegende Proletarier“ wurde von der Stiftung Buchkunst als eines der schönsten Bücher 2015 ausgezeichnet.
Sein Comic-Debüt gab Hinrichs 2012 mit einer grafischen Adaption von Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“. Jetzt hat er sich „Der Trinker“ vorgenommen, den vermutlich persönlichsten Roman von Rudolf Ditzen alias Hans Fallada (1893–1947), dessen wiederentdecktes letztes Werk „Jeder stirbt für sich allein“ über den bürgerlichen, privaten Widerstand gegen das Nazi-Regime als Neuausgabe erst vor wenigen Jahren zum posthumen internationalen Bestseller wurde.
Allerdings ist Hinrichs ‚Comic-Trinker’ nicht einfach nur eine besonders bunte, expressionistische Panel-Fassung des Romans von 1950, den Ditzen, selbst drogen- und rauschgiftabhängig, zum Teil in Haft schrieb. Nein, Hinrichs Interpretation von „Der Trinker“ vermischt das Buch, das die Trinksucht und den Absturz des Kaufmanns Erwin Sommer beschreibt, mit Ditzens eigenem Niedergang. Zu Ditzens Leben fand Hinrichs, wie er im Nachwort des Comics schreibt, zunächst nämlich wesentlich leichter Zugang als zum Roman. Aus diesem wird übriges genauso zitiert wie aus Briefen und Biografien.
Heraus kam eine inhaltliche und optische Collage aus Literatur-Adaption, Künstler-Biografie und zeitgeschichtlicher Dokumentation, festgehalten in surrealistischen Formen und Bildern, auf die man sich einlassen muss. Dass dieser Stil nicht immer und nicht für jeden funktioniert, ändert freilich nichts an der Schonungslosigkeit oder Durchschlagskraft von „Der Trinker“.
„Der Trinker“ gehört übrigens zu den letzten Titeln, die bei Metrolit erscheinen, wo nach dem Start als Teil der Aufbau-Verlagsgruppe u. a. auch Derf Backderfs „Mein Freund Dahmer“ veröffentlicht wurde (und tolle Krimis wie Nick ‚True Detective’ Pizzolattos „Galveston“ oder Harry Crews „Florida Forever“). Metrolit konnte jedoch die wirtschaftlichen Erwartungen nicht erfüllen, weshalb die Gesellschafter die Produktion gestoppt haben.
Jakob Hinrichs, Hans Fallada: Der Trinker. Metrolit bei Walde + Graf, Berlin 2015. 176 Seiten, € 25,-