Das stramme Leben vor dem Krieg

Es ist die Geschichte zweier Brüder, die Simon Spruyt hier erzählt. Zweier Jungen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, obwohl ihre Leben den gleichen Verlauf nehmen. Als Sohn eines preußischen Soldaten – eines Kavalleristen – gibt es für beide nur eine Option: Der Tradition folgen und sich ebenfalls einer militärischen Karriere zu verschreiben. Doch während Ludwig sehr schnell erkennt, dass die Lehren der Akademie aus einer Zeit stammen, in der die Kavallerie noch Bedeutung hatte und moderne Kriegsmittel sie nicht ad acta gelegt haben, folgt Oswald blind der dogmatischen Lehre.

Es ist die Zeit unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, in die der niederländische Künstler Simon Spruyt hier eintaucht. Genau einhundert Jahre nach dem Beginn des Großen Krieges veröffentlicht, betrachtet Spruyt hier, wie Tradition, ein Pochen auf althergebrachten Rechten und eine gewisse Schlichtheit ein gefährliches Bräu ergeben, das zur Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts führte. Er erzählt dabei nicht vom Krieg, wohl aber von den jungen Männern, die ihn ersehnten, auch wenn ihnen das vielleicht gar nicht bewusst gewesen ist.

Seine Geschichte packt er in ausdrucksstarke Schwarzweißbilder, deren Fokussierung immer auf den beiden Hauptfiguren liegt. Nur ihre Gesichter sind erkennbar, alle anderen werden zu ausdruckslosen Schemen. Geistern, die der Krieg schon bald dahin fegen wird, weil sie nicht erkennen, dass ihre Welt vor dem Abgrund steht.

Junker“ wurde 2014 in den Niederlanden mit dem Willy Vandersteenprijs ausgezeichnet.

Simon Spruyt: Junker. Carlsen, Hamburg 2016. 192 Seiten, € 24,99

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