DER ROMAN VON BODDAH: Wie ich Kurt Cobain getötet habe

kurt_coverKurt Cobain, dem legendären Frontmann der Grunge-Pioniere von „Nirvana“ wurde die zweifelhafte Ehre zu Teil, in den „Club der 27er“ aufgenommen zu werden. Wie auch Amy Winehouse oder Jimmy Hendrix lebte der Rockstar stets am Limit und nahm sich nach zahlreichen erfolglosen Entziehungsversuchen publikumswirksam das Leben, indem er sich mit einer Schrotflinte in den Kopf schoss. Seine nicht für jeden nachvollziehbare persönliche Form der Liebe galt Tochter Frances Bean, seiner Frau Courtney Love (der ebenfalls langjährig drogenabhängigen Sängerin der Band „Hole“), der Musik an sich und dem Heroin. Zahlreiche, teilweise autorisierte Biographien versuchen seit dem Freitod der Rockikone im April 1994 sein bewegtes Leben in Worte oder Bilder zu fassen. Als Graphic Novel durften wir die Geschichte des Mannes hinter „Smells Like Teen Spirit“ bislang jedoch noch nicht erleben.

Das soll sich nun dank Nicolas Oteros „Der Roman von Boddah: Wie ich Kurt Cobain getötet habe“ ändern. Natürlich ist der bei Splitter im schicken Book-Format erscheinende Band kein trockener Tatsachenbericht. Aus der Perspektive von Boddah, dem imaginären Freund, der Kurt als Kind begleitete und an den sich tatsächlich auch sein Abschiedsbrief richtete, darf man den Aufstieg und Fall des labilen Musikers als surrealen Trip erleben. Deshalb erhebt das Buch auch keinerlei Anspruch auf Genauigkeit oder inhaltliche Authentizität. „Der Roman von Boddah“ ist eine bildgewaltige Interpretation eines Mythos, dessen Wahrheiten wohl niemand mehr umfassend ergründen können wird.

In unverhofft dekorativer, überzeichneter Manier, die Freunden von Cameron Stewart (Fight Club 2) mit Sicherheit gefallen dürfte, fällt es nicht schwer, sich in die bizarr-destruktive Liebesbeziehung des Rocker-Pärchens entführen zu lassen. Die ungewöhnliche Unterteilung in nur wenige Seiten lange Kapitel mit häufigen Themen- und Perspektivwechseln hilft ein wenig dabei, sich nicht ganz vom beeindruckenden, depressiven Sog, der von Oteros Schilderungen ausgeht, in den Abgrund ziehen zu lassen. Auch skurrile Anekdoten sorgen wenigstens ein bisschen für Zerstreuung und laden neugierige Naturen zu weiteren Recherchen ein.

Sowohl die häufigen Zeitsprünge und Szenenwechsel als auch der manchmal etwas geringe Wiedererkennungswert von Gesichtern sorgen neben dem bitteren bekannten Finale dafür, dass „Der Roman von Boddah“ auf keinen Fall leicht konsumierbare Comic-Kost ist. Auch wenn die Graphic Novel sowohl für Nirvana-Fans als auch Musik-Interessierte ohnehin klare Pflichtlektüre ist, kann man aber auch mit weniger Berührungspunkten auf seine Kosten kommen. Vorausgesetzt, man ist bereit sich dafür anzustrengen. Voyeurismus, befriedigende Boulevard-Unterhaltung ist das Werk sicher nicht. Und das ist gut so.

Nicolas Otero: Der Roman von Boddah – Wie ich Kurt Cobain getötet habe. Splitter, Bielefeld 2016. 152 Seiten. 24,80 Euro