„Hellboy Kompendium 2“ – Die Legende lebt

hellboy-kom2Comics erzählen Geschichten. Mehrere Geschichten können einen Zyklus bilden. Treffen genügend kreative Schaffenskraft und interessierte, zahlungswillige Leser aufeinander, dann entstehen manchmal eigene Mythologien. Diese Theorie trifft wahrscheinlich auf keine Comic-Serie so exakt zu, wie auf Mike Mignolas zurecht mit Preisen überhäuftes Meisterwerk „Hellboy“. Auch wenn die Filmadaptionen mit Ron Perlman unterhaltsame, von Fantasy-Primus Guillermo del Toro toll inszenierte Action-Spektakel sind, werden sie dem Phänomen nicht wirklich gerecht, vermitteln nicht im Ansatz die Tragweite von Hellboys gewaltiger Mythologie.

Der zweite „Kompendium“-Sammelband aus dem Hause Cross Cult gibt neuen Lesern nun die Gelegenheit, sich drei weitere Kapitel dieses gewaltigen und intensiven Stücks Comic-Historie in edler Aufmachung und für einen absolut fairen Obolus ins heimische Regal zu stellen. Nachdem mit dem wuchtigem, erstem Hardcover die Bände 1, 2 und 4 von den Ludwigsburgern neu aufgelegt wurden, geht es diesmal auch ganz ohne lizenrechtliche Unterbrechung mit der verlagsvergriffenen „Rechten Hand des Schicksals“, „Sieger Wurm“ und „Seltsame Orte“ auf in die nächste Etappe von Mike Mignolas Gothic-Epos.

Hervorragender, vollfarbiger Druck, dicke und stabile Seiten und unzensierte Inhalte im Format der US-Originalhefte lassen das Herz jedes Comic-Gourmets in ungesunder Kolibri-Frequenz schlagen. Aber selbst pfennigfuchsende Lesepuristen sparen gegenüber den Einzelbänden, die insgesamt mit immerhin knapp 10 Euro mehr zu Buche geschlagen wären. Wenn sie denn überhaupt noch alle erhältlich wären.

„Hellboy“ versteht es wie kaum ein Comic sonst, ernstzunehmende Kunst unnachahmlich mit Unterhaltung und Popkultur zu verbinden. Wo die dämonischen Kräfte einer steinernen Faust auf  Weltraumnazis oder sprechende Riesenfische treffen, würde man sicher zunächst wohl wenig ernst gemeinten Trash vermuten, der maximal der unkomplizierten Unterhaltung dienen kann. Aber meisterhaft konstruierte Metaphern, eine unverwechselbare Bildsprache und extrem gewissenhaft recherchierte, folkloristische Einflüsse machen aus dem dämonischem, paranormalem Ermittler ein Ereignis. Eine eigene Mythologie.

Mike Mignola: Hellboy Kompendium 1. Cross Cult, Ludwigsburg 2016. 560 Seiten, € 50,00