„Universal War One“, die erste Serie dieses auf tatsächlich drei Zyklen angelegten Science Fiction Opus‘, erschien bei uns ab 2006 und war eine der frühen Veröffentlichungen des damals neu gegründeten Splitter-Verlages. Und gleich ein Volltreffer. Die Geschichte der Schwadron Purgatory, einer Raumstaffel, die aus verurteilten Ex-Soldaten bestand, begann zwar konventionell als Space Opera, wandelte sich dann aber schnell zu einem faszinierenden Raum-Zeit-Konstrukt vor einem universellen Krieg, in dem sich die Menschheit selbst an den Rand der Vernichtung brachte. Verantwortlich für den Spaß war der Franzose Denis Bajram, der zuvor lediglich mit dem ersten Band von „Cryozone“ auf sich aufmerksam machte, welcher im Carlsen Verlag erschienen war. Bei „Universal War One“ dachte und plante Bajram in großen, tabulosen SF-Maßstäben, zerstörte in seiner Story zuerst die Ringe des Saturn, schnitt danach den Uranus in zwei Hälften und vernichtete schließlich die Erde. Rumms. Und hinter all dem vordergründigen Bombast steckte eine fein konstruierte Story, die nicht nur das Raum-Zeit-Paradoxon auf ihre Art erklärte, die auch mit Überraschungen und Story-Twists geradezu verschwenderisch umging, inkl. Zeitreisen, Raumsprüngen, Wormholes und einem brillanten, visionären Wissenschaftler: Kalish.
Kalish war es dann auch, der mit seinem Weitblick und seiner Genialität dem Krieg ein Ende machte und die Menschheit, die inzwischen diverse Planeten und Monde des Sonnensystems kolonisiert hatte, rettete. Das schaffte er mit einem Kniff: er reiste 300 Jahre in die Vergangenheit, fand irgendwo im All einen erdähnlichen Planeten, den er Kanaan taufte, errichtete eine neue, vermeintlich friedfertige Gesellschaft und bereitete mit ihr in aller Ruhe und Akribie die Rettung der Menschheit vor, während sein anderes Ich in der Zukunft versuchte, gemeinsam mit der Schwadron Purgatory am Leben zu bleiben. Nun sind einige Jahrzehnte vergangen. Begann der erste Zyklus im Jahre 2098, setzt der Nachfolger, nun sinnhaft „Universal War Two“ getauft, im Jahre 2141 ein. Inzwischen werden die Menschen von Kanaan, die einstigen Friedensstifter, auf dem Mars bei vielen Bürgern als Besatzer angesehen und sind entsprechend unbeliebt. Auf dem roten Planeten, der nun ein Zerrbild der Erde ist, arbeitet Thea als Lehrerin. Sie stammt aus Kanaan, aus einer prominenten mächtigen Familie, distanziert sich aber vom herablassenden Gehabe ihrer „Landsleute“. Dann ist da noch das Wormhole, ein Überbleibsel des Krieges, das die Sonne bedroht. Mittels einer Sonde, die auf Kanaan konstruiert wurde, soll es nun neutralisiert werden. Dabei entfesselt man eine unbekannte Gefahr, die den zweiten universellen Krieg auslöst.
All das gehört noch zur Vorgeschichte bis zum dritten, nun erschienenen Band. Und wieder kleckert Bajram nicht, er klotzt, indem er das Sonnensystem seines Gestirns beraubt. Denn die Sonne ist futsch, zuerst eingeschlossen von mysteriösen, pechschwarzen Dreiecken, die wie aus dem Nichts auftauchten, sich exponentiell vermehrten und sich danach den Mars und den Jupitermond Titan vornahmen. Alle weg, spurlos verschwunden. Und damit die gesamte Menschheit im Sonnensystem. Panisch flüchteten die Kanaaner zurück in ihre Heimat, nur um auch hier von den Dreiecken eingeholt und „erobert“ zu werden. Inzwischen greift die aufmüpfige und taffe Thea, die vom Mars entkam, ehe er verschwand, zu einer Verzweiflungstat. Sie reist in die Vergangenheit zurück und holt Kalish in die kriselnde Gegenwart. Dort wird er inzwischen gottgleich verehrt, was dem knorrigen Alten so gar nicht recht ist. Hineingeworfen in eine konfuse Gegenwart muss er das Beste aus seiner Situation machen und versucht gemeinsam mit Thea und deren Freunden die Gefahr um die Dreiecke zu ergründen. Doch wie die Sonne verschwindet auch ihr Schiff, gleich gemeinsam mit ihrem Planeten Kanaan. Und als die Gruppe um Kalish und Thea merkt, wo sie anschließend „gelandet“ ist, sitzt der Schock bei allen tief und setzt die Story einmal mehr in einen neuen Kontext…
Ja, das was im ersten Zyklus geschah, erscheint verglichen mit den Geschützen, die Bajram hier auffährt, wie ein laues Lüftchen. Neben den monumentalen Geschehnissen macht er den Traum Kalishs zunichte, eine friedliche Gesellschaft aus dem Chaos des ersten universellen Krieges entstehen zu lassen. Und das vor den Augen des Träumers selbst. Ob der Kniff, Kalish aus der Vergangenheit zu holen, zünden wird, ist noch ungewiss. Einstweilen taugt das Wissenschafts-Genie für lakonische und mürrische Kommentare und fast scheint es, dass Bajram ein dem Leser vertrautes Gesicht wieder auf die Story-Bühne bringen wollte. Denn bisher zeigt der zweite Zyklus noch keine schillernden Charaktere wie die der Schwadron Purgatory. Klare Hauptperson ist Thea – ihr Cousin Vidon, ein Elitesoldat, handelt sehr rational und taugt nicht als Sympathie-Träger. Und erst mit diesem dritten Band wird die versprengte Idealisten-Gruppe um Thea vorgestellt. Da kommt es ganz recht, wenn die Sympathien vorläufig auf Kalish geparkt werden. Davon abgesehen ist die Story einmal mehr bombastisch mitreißend, originell und originär, wenngleich die Zeitreise-Thematik nicht mehr neu ist und bisher nicht entscheidend zur Verwendung kommt. Vielmehr liegt der Fokus auf dem neuen, unbekannten Feind, der noch ein Mysterium darstellt. Wer mal so richtig coole Science Fiction erleben will, die realistisch gezeichnet ist (soweit man das in dem Genre sagen kann) und auf wissenschaftlichen Grundlagen beruht (Raum-Zeit), wird von „Universal War Two“ begeistert sein.
Denis Bajram: Universal War Two, Band 3: Exodus. Splitter Verlag, Bielefeld 2017. 48 Seiten, 14,80 Euro