Charlies Engel und Batmans Handlanger – „Batman und die Outsiders“

In der „Deutschen Handwerkszeitung“ können wir nachlesen, was gute Vorgesetzte ausmacht: Verantwortung abgeben, Entscheidungen erläutern, Fehler zugeben, Einfühlungsvermögen. Batman erfüllt nicht alle Kriterien einer modernen Führungskraft. Immerhin, die Maskenpflicht nimmt er vorbildhaft ernst. In „Batman und die Outsiders 1 – Niedere Götter“ übt der Dark Knight sich in Führungsverantwortung.

Eine junge Frau verschwindet in Los Angeles, ihr Vater wird ermordet – das ist erst auf den zweiten Blick ein Fall für Batman und sein alternatives Superheld*innenteam, die Outsiders, denn bei Sofia handelt es sich nicht um ein zufälliges Opfer: In ihrer Kindheit wurde sie unfreiwillig zu einem Versuchskaninchen in dem illegalen Arche-Projekt, durch das sie nun über Superkräfte verfügt. Batman befreite sie, Bruce Wayne verschaffte der Familie ein neues Zuhause. Nun strecken finstere Mächte ihre Fühler nach Sofia aus – Ra’s al Ghul, der Sofia zum Bösen bekehren möchte wie einst Darth Vader seinen (Spoiler!) Sohn Luke Skywalker in „The Empire Strikes Back“ (1980).

Bryan Hill (Autor), Dexter Soy (Zeichner): „Batman und die Outsiders 1 – Niedere Götter“.
Panini, Stuttgart 2020. 144 Seiten. 18 Euro

Um dies zu verhindern, ruft Batman seine Superheld*innen-Truppe um Black Lightning, Signal, Orphan und Katana zusammen. Die aber bräuchten unbedingt eine moderierte Supervision oder eine mehrtägige Teambuilding-Maßnahme, denn der Gruppen-Alpha Black Lightning hadert mit seinem Team ebenso wie jenes mit ihm. Batman bleibt im Hintergrund verborgen, delegiert die Verantwortung an Black Lightning, übt Einfühlungsvermögen („Ich bin nicht wütend. Wut spielt keine Rolle. Ich will beheben, was die Outsiders trennt.“) und wagt sich an motivierende Ansprachen vor seinen Mitarbeiter*innen: „Wir konzentrieren uns nicht darauf, was wir nicht verhindern könnten.“ Etwas holprig in der deutschen Übersetzung, aber der Impetus des mittleren Managements kommt gut rüber.

Überhaupt: Batman agiert so bedächtig im Hintergrund der actionreichen Handlung, dass man sich fragt, warum er überhaupt eine Rolle in diesem Drama spielen muss. Der Dark Knight ist kaum präsenter als die berühmte Telefonstimme in „Drei Engel für Charlie“ (1976-81), deren Träger Charlie Townsend als allwissender Strippenzieher fungierte, während die anderen die Arbeit machen mussten. Aber es gilt hier wie beim Kochen oder bei den Expendables: Viel hilft viel. Mehr Helden, mehr Action, mehr Umsatz, so der Dreisatz sämtlicher Superheld*innen-Teams von Marvel und DC. Wären Batman und die Outsiders seit ihrer Gründung 1983 nicht eine feste Einheit (mit Ausnahmen), würde es fast verwundern, warum Batman ab und an zwischen den Actionsequenzen auftaucht – im Telefonat mit Black Lightning etwa. Charlie lässt grüßen.

„Niedere Götter“ ist längst nicht so humorvoll wie die Outsider-Comics von Chuck Dixon (2007-09), die unter den Zeichnungen von Julian Lopez etwas zu leiden hatten. Autor Bryan Hill, der ab Juni 2018 fünf Batman-Comics für „Detective Comics“ #983-987 schrieb, an die „Niedere Götter“ direkt anknüpft, hat es mit dem Zeichner Dexter Roy (Batman, X-Men, Red Hood etc.) erheblich besser getroffen.

„Niedere Götter“ ist weder langweilig noch einfältig. Die an sich wie an allen anderen zweifelnden Helden verdienen sich das Interesse des Lesers bzw. der Leserin und drängen den Dark Knight, dessen verkaufsfördernder Name die Serie fast irreführenderweise begleitet, weit in den Hintergrund. Die Gefahr allerdings, dass die actionreiche Serie zu einem echten Batman-Klassiker geraten könnte, ist denkbar gering.

Gerrit Lungershausen, geboren 1979 als Gerrit Lembke, hat in Kiel Literatur- und Medienwissenschaften studiert und wurde 2016 promoviert. Er hat Bücher über Walter Moers, Actionkino und den Deutschen Buchpreis herausgegeben. 2014 hat er zusammen mit anderen das e-Journal Closure gegründet und ist bis heute Mitherausgeber. Derzeit lebt er in Mainz und schreibt für Comicgate und die Comixene. An der TU Hamburg-Harburg unterrichtet er Comic-Forschung.

Seite aus „Batman und die Outsiders 1“ (DC Comics/Panini)