Katharina Greve ist eine der erfolgreichsten Zeichnerinnen der deutschsprachigen Cartoonszene. Ihre Arbeiten erscheinen in der Titanic, taz, der seligen ZITTY und vielen weiteren Medien. 2013 schrappte sie haarscharf am Weltruhm vorbei, als sie in einem Cartoon den Rücktritt von Papst Ratzinger voraussagte. 2016 wurde sie für „Das Hochhaus“ mit dem „Max und Moritz“-Preis ausgezeichnet. Für das viel beachtete Comicprojekt hatte sie zwei Jahre jede Woche ein Stockwerk von einem 102-stöckigen Hochhaus als Comicstrip gezeichnet. 2019 beglückte uns Katharina Greve mit der missmutigen Cousine des Kleinen Prinzen: „Die dicke Prinzessin Petronia“. Nun erscheint mit „Die letzten 23 Tage der Plüm“ eine erweiterte Buchausgabe ihres Strips, den sie vor einigen Jahren für die Berliner taz entwickelt hat. Wir präsentieren das folgende Presse-Interview mit freundlicher genehmigung des Avant-Verlags.
Liebe Katharina, „Die letzten 23 Tage der Plüm“ ist 2016 als wöchentlicher Fortsetzungsstrip in der taz erschienen. Kannst du uns ein bisschen über die Entstehung der Serie erzählen?
Zuerst war die Idee des Endzeit-Szenarios da. Das passte bereits 2016 in die allgemeine Stimmung. Ich fand es verlockend, eine wachsende Bedrohung mit einfachsten grafischen Mitteln darzustellen: dem Punkt am Himmel, der jede Woche ein Stück wächst, also dem Planeten näher rückt. Dann habe ich die Wesen gesucht, die ich diesem Untergang aussetzen möchte, und bin auf die Plüm gestoßen. Sie sind nicht sonderlich schlau und irrsinnig träge. Sogar für dauerhafte Panik sind sie zu faul. Wichtig war mir, sie eher friedlich und asexuell anzulegen. Ich wollte sie nicht in Gewalt- und Sex-Exzessen versinken lassen, die bei irdischen Weltuntergangsgeschichten ja oft eine wichtige Rolle spielen. So bleibt ihnen in den letzten Tagen mehr Zeit für überraschende, absurde und komische Dinge.
Die Plüm-Population ist nicht gerade beeindruckend – ganze drei Exemplare leben noch. Warum sind sie in so einem desolaten Zustand?
Die Plüm sind nicht die hellste Kerze auf der Torte der Evolution – aber immer noch das Beste, was der Planet Plümos hervorgebracht hat. Sie haben sich im Laufe ihrer Zivilisationsgeschichte immer wieder stark dezimiert, einfach durch Dämlichkeit und Faulheit. Die Faulheit nahm dann aber auch noch weiter und weiter zu und die Plüm hörten auf, sich zu reproduzieren. Sie vermehren sich nämlich durch Teilung, ähnlich den Bakterien auf der Erde. Und dieser Prozess ist ein echter Kraftakt, bei dem sie auch noch ganz scharf nachdenken müssen – inzwischen unzumutbar für den Plüm.
Du hast die Plüm am Ende aufgrund von Zuschriften der taz-Leser*innen die Apokalypse überleben lassen. Hättest du sie ansonsten wirklich sterben lassen? Wie weit hattest du die Reihe im Vorfeld durchgeplant?Der dramaturgische Bogen war von Anfang an klar: Panik, Auswege suchen, das Unvermeidliche akzeptieren und sich ablenken, schließlich der Zusammenstoß – ohne jedoch zu wissen, was bei diesem Ereignis genau passiert. Die einzelnen Folgen sind aber recht spontan von Woche zu Woche entstanden. Ungefähr vier Wochen vor Serienende hatte ich mich eigentlich entschieden, die Plüm in einer grandiosen Katastrophe untergehen zu lassen. Dann erfuhr ich von der zuständigen Redakteurin, dass sich Leser*innen und Redaktion ganz stark wünschen, die Plüm mögen überleben. Und da ich sie ja auch sehr liebgewonnen hatte, ist mein Herz weich geworden.
Es fällt schwer, nicht an die Plüm zu denken, wenn man sich den Zustand der Erde und seiner selbstzerstörerischen Bewohner*innen anguckt. Wie viel Plüm sind wir Menschen und wie viele Tage bleiben uns noch?
23 plus x.
Wie würdest du deine letzten 23 Tage verbringen, bevor der pinke Punkt mit der Erde kollidiert?
Harte Drogen würden eine wichtige Rolle spielen. Vom Rest möchte ich mich gern überraschen lassen. Generell bin ich eine große Planerin – aber eine To-Do-Liste für den Weltuntergang erscheint mir momentan doch recht pedantisch.