Unsere kleine Farm

Wenn es einen Klassiker des Western-Comics gibt, den man kennen muss, ist es sicher „Comanche“. Neben dem ebenfalls sehr erfolgreichen „Leutnant Blueberry“ zählt diese Serie zu jenen, die seit den 70er-Jahren stets als Qualitätsbeispiel genannt werden. Umso besser, dass die Serie nun in einer schönen Gesamtausgabe im Splitter Verlag herauskommt – nachdem sich der Verlag zuletzt um eine gelungene Ausgabe in einzelnen Bänden verdient gemacht hat.

Ich nahm dieser Tage den ersten Band dieser neuen Ausgabe zur Hand und war von der Druck- und Produktionsqualität sehr angetan. Die Geschichten selbst kannte ich schon; trotzdem las ich sie erneut. Meiner Ansicht nach haben sie nichts von ihrer Frische verloren, es handelt sich bei diesem Buch um einen echten Klassiker, der in keiner Comic-Bibliothek fehlen sollte.

Dabei fing die Serie eher schlicht an. Der Autor und Redakteur Greg erzählte anfangs kurze Episoden, die sich erst nacheinander zu einer größeren Geschichte zusammenfügen. Deshalb ist ausgerechnet das erste „große“ Abenteuer dieser Gesamtausgabe inhaltlich ein wenig schwach: Der Cowboy Red Dust kommt in eine fremde Stadt. Er hat unterwegs eine Schießerei an der Postkutsche, er legt sich mit einem wichtigen Mann an, er trifft die junge Comanche, die versucht, ihre eigene Ranch am Leben zu halten, und er sammelt eine Reihe von Bekanntschaften. Das ist alles gut erzählt, verrät aber noch nicht die Meisterschaft späterer „Comanche“-Abenteuer.

Die zeigt sich bei „Krieg ohne Hoffnung“ – verzweifelte Cheyenne-Krieger kämpfen um ihr Überleben, die Ranch wird in den Konflikt verwickelt – sowie „Die Wölfe von Wyoming“, in dem brutale Wegelagerer ihr Unwesen treiben. Hier zeichnet sich die Struktur der großen Comic-Geschichten ab: Glaubhafte Figuren spielen mit, Red Dust und Comanche sind die Eckpfeiler der Serie, es gibt sympathische Nebenfiguren und klare Bösewichte.

Großartig sind von Anfang an die Bilder. Hermann stellt die Weiten von Wyoming ebenso realistisch dar wie eine bescheidene Ranch und die anfangs noch schlichten Häuser einer frisch entstehenden Stadt. Indianer und Cowboys, Bahnarbeiter und Soldaten – sie alle malt er in seinen Bildern so realistisch wie möglich. Der Zeichner bedient dabei natürlich die Erwartungen seines Publikums, das den Wilden Westen in seiner durch Filme bekannten Form „erleben“ möchte, und ist nicht der historischen Exaktheit verpflichtet. Wie er die Szenen präsentiert, mutet aber nach all den Jahrzehnten immer noch meisterhaft an.

Greg und Hermann waren mit „Comanche“ stilprägend für viele Künstler, die nach ihnen kamen. Die fünfbändige Gesamtausgabe ist eine würdige Präsentation der Serie. Auf vielen redaktionellen Seiten, die mit zahlreichen Bildern ausgestattet sind, gibt es Informationen und Hintergründe.

Dieser Text erschien zuerst auf: perry-rhodan.net

Klaus N. Frick ist Chefredakteur der Science-Fiction-Heftroman-Serie „Perry Rhodan“ sowie Autor zahlreicher SF-Romane und -Kurzgeschichten.

Hermann (Zeichner), Greg (Autor): „Comanche Gesamtausgabe“ Band 1-5. Splitter Verlag, Bielefeld 2021-2022. 208/200/192/176/152 Seiten. 39,80/39,80/39,80/35/35 Euro