„Lena und die drei Frauen“ – Christin und Juillard im Antiterroreinsatz

Lena will Rache, um eine Zukunft zu haben. Nachdem ihr Mann und ihr Sohn bei einem Terroranschlag in Khartum ums Leben kamen, lässt sie sich vom französischen Geheimdienst anheuern, um die Terroristen bei ihrem nächsten Attentat unschädlich zu machen. Es folgt eine Odyssee durch Osteuropa und den Nahen Osten, die nach dem Erfolg ihrer Mission in Australien endet, wo Lena eine neue Heimat und ein neues Leben finden will.

Lenas Reise“ (2006) von Pierre Christin, dem Co-Schöpfer der berühmten SF-Serie „Valerian und Veronique“, und André Juillard, dem begnadeten Zeichner des historischen Epos’ „Die sieben Leben des Falken“, des „Blauen Tagebuchs“ und mehrerer „Blake & Mortimer“-Bände, war ein Agenten-Thriller mit anderen Mitteln gewesen. Souverän, ruhig, fast kontemplativ, praktisch ohne Action, aber dennoch unglaublich spannend. Ein perfektes Album, ein perfekter „One-Shot“.

Aber Lenas Geschichte war noch nicht auserzählt. Und so fanden sich Christin und Juillard 2009 noch einmal zusammen, um das Album „Lena und die drei Frauen“ zu Papier zu bringen, das die junge Frau bei einem weiteren Einsatz zeigt. Denn die Vergeltung für den Mord an ihrer Familie hat ihr nicht die Ruhe beschert, die sie gesucht hat, und so lässt sie sich ziemlich schnell überreden, wieder für den Geheimdienst zu arbeiten.

Erneut wird sie in eine Terrororganisation eingeschleust und wieder ist da diese unglaublich andere Taktung der Erzählweise, die so gar nichts mit James Bond- oder US-Agentenfilmen (oder Romanen oder Comics) zu tun hat. Ohne jedes Melodrama, ohne äußere Action wird präzise der Einsatz geschildert, der Lena in ein islamistisches Terrorcamp führt, wo sie drei junge Selbstmordattentäterinnen auf ihren Einsatz in Frankreich vorbereiten soll. Nach dem Camp geht es nach Paris, um die Frauen mit der Kultur des Landes vertraut zu machen, alles, damit sie am Einsatzort des Anschlags nicht auffallen.

Christin und Juillard machen das mit dem abgehangenen Selbstbewusstsein der Comic-Veteranen, die sie sind. Da ist nichts zu viel, nichts zu wenig. Wo Christin früher noch den Zeigefinger hob, um seine politischen „Botschaften“ zu vermitteln, da ist jetzt nüchterne Selbtbeschränkung zu finden. Er schildert nur noch und das reicht völlig. Den Irrsinn des Gezeigten muss niemand mehr kommentieren. Und Juillard mit seinem präzisen und zurückgenommenen Stil ist der ideale Partner für so ein Unterfangen. Ein Beobachter par excellence, ein Meister des richtigen Ausschnitts, des kalkulierten Understatements. Unglaublich, dass es sechs Jahre gedauert hat, bis dieses Album in Deutschland veröffentlicht wurde.

Pierre Christin, André Juillard: Lena und die drei Frauen. Salleck Publications, Wattenheim 2015. 56 Seiten, € 16,–