Er hat den modernen Horrorfilm eingeläutet, den Zombiefilm entmythologisiert und das gesamte Genre auf links gedreht. George A. Romero war Teil einer unangepassten Generation junger US-Genrefilmemacher, die mit ihren rüden Frühwerken einen abseitigen Weg beschritten, den sie zeit ihrer Karriere nie ganz verlassen sollten. Wes Craven, John Carpenter, Tobe Hooper, George A. Romero, sie alle machten in den 70ern zunächst mit wenig Geld hochsubversives Kino. Spätere Versuche damit auch an die Töpfe der großen Produktionsstudios zu gelangen, gerieten meist leidlich. Romero war der Linke unter ihnen. Sein 1968 veröffentlichtes Debüt „Night of the Living Dead“ strotzt vor Gesellschaftskritik. Menschen, Familien, die sich buchstäblich auffressen, eine gewaltgeile Bürgerwehr, die den schwarzen Hauptdarsteller und letzten Überlebenden eines von Zombies überrannten Farmhauses regungslos erschießt, brennende Leichenberge, auf die die Toten mit Fleischerhaken wie Vieh geworfen werden – in den schwarzweißen Bildern artikulierte sich drastisch und direkt das Unbehagen an einer Kultur der Gewalt, des Rassismus und der Konformität. Im 1979 gedrehten Nachfolger „Dawn of the Dead“ erlangten sie satirische Qualitäten: Da belagern die Zombies eine Shopping Mall, weil dieser Ort sie schon zu Lebzeiten in Bewegung hielt. Mit „Day of the Dead“ war 1985 die erste Zombie-Trilogie komplett und die Apokalypse nunmehr global. Spätestens hier steht außer Frage, dass die größere Gefahr nicht von den Zombies, sondern von faschistischen Militärs und mad scientists ausgeht (eine Variation desselben Themas gab es 1973 in Romeros „The Crazies“ zu sehen).
Mit der zweiten Trilogie „Land of the Dead“ (2005), „Diary of the Dead“ (2007) und „Survival of the Dead“ (2009) folgte in den 00er Jahren eine Aktualisierung der politischen Diskurse: Gated Communities, moderne Sklaverei, der Regress in utopistisch verklärte Rückzugsmodelle, das zweifelhafte Ethos der Medien und die Politik ihrer Bilder – Romero blieb ein Chronist seiner Zeit. Und wenn auch die temporäre Verballhornung der Zombiefigur (die bei ihm stets eine bedauernswerte Gestalt blieb) als Fun-Splatter-Clown ihm wenig gesagt haben dürfte, steht die anhaltende Renaissance der Zombie-Erzählung als soziales Experiment ganz in seinem Zeichen. Ohne ihn kein „The Walking Dead“, so einfach ist das.
Sogar im Comic hinterließ er Spuren. 1982 erschien nach einem Drehbuch von Stephen King sein Anthologiefilm „Creepshow“, eine derbe Hommage an die Glanzzeit der E.C. Horrorcomics, die zugleich von Bernie Wrightson als Comic umgesetzt wurde. „Empire of the Dead“ war der Titel seiner eigenen, 2014 gestarteten Comicserie, eine Fortführung des Zombiethemas. Für DC schrieb er außerdem 2004 die Zombie-Miniserie „Toe Tags“. (Umgekehrt sind auch die Huldigungen an Romeros Werk im Comic Legion: angefangen bei Tiziano Sclavis italienischem Klassiker „Dylan Dog“ bis zu Jean-Luc Istins Neuinterpretation von „Die Nacht der lebenden Toten“.)
Am Sonntag verschied George A. Romero 77-jährig im Kreise seiner Familie. Während er einschlief, lief die Musik aus John Fords „The Quiet Man“, seinem Lieblingsfilm. Die Leidenschaft hat ihn selbst auf dem Sterbebett nicht verlassen.