Comic-Bestenliste 2018 – Teil 2 (von 5)

Erstmals haben sich 29 Kritikerinnen und Kritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengetan, die in Presse, Rundfunk und Internet regelmäßig Comics, Mangas und Graphic Novels besprechen, um eine gemeinsame Bestenliste für das zurückliegende Jahr zusammenzustellen.

Die Comic-Bestenliste orientiert sich in ihrem Erstellungsverfahren an der renommierten „SWR Bestenliste“ für Literatur. Die Jurorinnen und Juroren, die am Ende der Seite aufgelistet sind, konnten bis zu vier Comics aus 2018 sowie dem 4. Quartal 2017 benennen, denen sie möglichst viele Leser und Leserinnen wünschen, und vergaben je einmal 15, 10, 6 sowie 3 Punkte.

Seit dem 28. Dezember werden die ca. 50 bestplatzierten Comics Tag für Tag veröffentlicht – bis am Neujahrstag die „Top 10“ bekanntgegeben werden und feststeht, welcher Titel als Gewinner den „Preis der deutschsprachigen Comic-Kritik 2018“ erhält.

Heute schließen wir den Schwung Titel ab, die alle mit sechs Punkten gemeinsam auf dem 39. Platz liegen und arbeiten uns dann mit zwei Comics die auf 9 Punkte kommen langsam an die zweistelligen Werte heran.


Alle Platz 39 (jeweils 6 Punkte – Fortsetzung der gestrigen Auflistung)


https://weissblechcomics.com/image/1920/dd01.jpgEckart Breitschuh:

DORIS DAYDREAM 1 (Weissblech Comics)

SC-Album, 52 Seiten, farbig, € 10,00, ISBN: 9783869590615 • Leseprobe: http://t1p.de/2a1y

Der Sammelband enthält die ersten 14 Kurzepisoden, die zuvor seit 2011 im BDSM-Magazin „Schlagzeilen“ veröffentlicht wurden.
Bernd Hinrichs auf „Splashcomics“: „(…) Wer Bedenken hat, von Geschichten peinlich berührt zu sein oder Details zu erfahren, die man eigentlich besser nicht wissen möchte, kann ganz beruhigt sein. ‚Doris Daydream‘ ist in erster Linie ein herrlicher Spaß (…) Breitschuh brennt in seinen Strips ein Füllhorn an verrückten Ideen ab. Raumschiffe, die je nach Erbauer entweder von der Lust der Frauen oder der Lust der Männer angetrieben werden, verrückte Wissenschaftler, die durch die Kreuzung von Hund und Mann eine neue Superrasse erschaffen will oder eine aberwitzige Zeitschleife: nichts, was es in dem Doris-Daydream-Universum nicht vorkommt. Das macht den Reiz des Bandes aus (…)“, http://t1p.de/x96q


https://www.carlsen.de/sites/default/files/styles/layer_480/public/produkt/cover/9783551720986.jpg?itok=_Wxh10g7Minetarō Mochizuki nach Shūgorō Yamamoto:

CHIISAKOBEE – DIE KLEINE NACHBARSCHAFT (Carlsen Manga)

4 Großtaschenbücher mit Klappbroschur, je 216–244 Seiten, s/w & farbig, je € 14,90, ISBN/Band 4: 9783551720986 • Originalveröffentlichung 2012–2015 im Seinen-Magazin „Big Comic Spirits“ des japanischen Verlags Shōgakukan • Übersetzung aus dem Japanischen: Cordelia Suzuki

Nach „Dragon Head“ bei Panini/Planet Manga ist dies das zweite Werk von Minetarō Mochizuki, das auf Deutsch vorliegt. Der Manga adaptiert eine Romanvorlage aus dem Jahr 1957, die von dem bekannten japanischen Schriftsteller Shūgorō Yamamoto stammt.
Andrea Heinze im Deutschlandfunk: „(…) Minetaro Mochizuki erzählt all das mit klaren und einfachen Strichen, als würde er Piktogramme zeichnen – die Frisuren der Protagonisten zum Beispiel stehen mitunter frei. Dann wieder zeichnet Mochizuki mit seinen einfachen Strichen die Körper der Protagonisten so spektakulär, wie es im Manga sonst eher für Wolkenkratzerlandschaften üblich ist – aus einer extremen Frosch- oder Vogelperspektive fängt er leise Gesten ein, die so viel über seine Figuren erzählen: ein unsicheres Nesteln der Hände, starre Schultern, ein Fuß, der fest auf dem Boden steht (…)“, http://bit.ly/2Crkyx4
Christian Gasser in „Strapazin“ 133: „(…) Vordergründig wirkt in Chiisakobee alles sauber aufgeräumt, kontrolliert, geradezu zen-mässig abgeklärt – hinter jedem Panel aber lauert eine Katastrophe. Da sind die Angestellten der Schreinerei, die von Shigeji Wunder erwarten. Da sind die Baustellen, die immer wieder von Bränden, Unfällen und anderen Pannen heimgesucht werden (…) Das alles und noch einiges mehr verknüpft Minetarō Mochizuki zu einer merkwürdigen, immer leicht unwirklichen, witzigen und berührenden Geschichte um Handwerk, Werte, Traditionen, Selbstbestimmung und Empathie. Und um Liebe und ihre bizarren Wege. Der Strich ist fein und klar, kaum karikierend (…)“, http://t1p.de/rvpy


https://www.reprodukt.com/wp-content/uploads/97839564015651.jpgAlessandro Tota (Szenario) & Pierre Van Hove (Zeichnungen):

DER BÜCHERDIEB (Reprodukt)

SC-Buch, 176 Seiten, s/w, € 20,00, ISBN: 9783956401565 • Originalveröffentlichung 2015 beim französischen Verlag Futuropolis unter dem Titel „Le Voleur de Livres“ • Übersetzung aus dem Französischen: Volker Zimmermann • Handlettering: Anna Weißmann • Leseprobe: http://t1p.de/96fu

Die erste Zusammenarbeit des Italieners Alessandro Tota als Szenarist mit dem französischen Zeichner Pierre Van Hove.
Andrea Heinze im rbb kulturradio: „(…) Gedichte klauen, Bücher klauen – Allessandro Tota nimmt mit dem ‚Bücherdieb‘ die Abgründe eines Bücherliebhabers aufs Korn (…) Im Zeitalter digitaler Plagiate, die durch schnödes ‚Kopieren und Einfügen‘ begangen werden, kommt Brodins geistiger Diebstahl altertümlich sinnlich daher. Zugleich hat Allessandro Tota mit dem Bücherdieb auch eine aktuelle Satire auf die Moden, Sensationen und Eitelkeiten des Literaturbetriebs geschrieben (…)“, http://t1p.de/ktv2
Ralph Trommer in der taz.die tageszeitung: „(…) Mit dem unsicher auftretenden, dabei oft sich selbst überschätzenden Antihelden Daniel Brodin haben die beiden Autoren einen sympathischen Hochstapler zur Hauptfigur gemacht. Er pendelt zwischen den verlockenden Milieus der Bohème, der Salonliteraten und seiner bodenständigen Familie hin und her. Der Leser leidet mit ihm mit, da er stets droht, ‚aufzufliegen‘, und zunehmend den Boden unter den Füßen verliert. In ironischem Kontrast zu ihm steht die sehr von sich selbst überzeugte Gruppe junger Pseudopoeten, die jenseits ihrer weltbewegenden Kunst allesamt Alkohol- und Drogenprobleme haben und von Diebstählen leben (…)“, http://t1p.de/060k


https://www.luftschacht.com/luftschacht-live/wp-content/uploads/cv_hofer_blad_web-768x768.jpgRegina Hofer:

BLAD (Luftschacht)

SC-Buch mit Klappbroschur, 120 Seiten, s/w, € 18,00, ISBN: 9783903081222 • Leseprobe: http://t1p.de/4nio

Comic-Debüt der Österreicherin Regina Hofer, die 1976 in Linz geboren wurde.
Andreas Platthaus auf faz.net: „(…) Die Ich-Erzählerin, das wird schnell klar, ist Regina Hofer selbst, der Comic von einer autobiographischen Offenheit, die verblüfft. Wobei seine große Kunst darin besteht, dass denkbar lapidar in Worten und denkbar einfallsreich in Bildern erzählt wird. Die Die Seitenarchitektur ist im Regelfall quadratisch mit vier Panels, die sich aber immer wieder zu größeren Gesamtpositionen ergänzen. Das ist kein originelles, aber unverändert ein extrem wirkungsvolles Stilmittel (…)“, http://t1p.de/t4xq
Interview von Martin Reiterer mit der Künstlerin für die „Wiener Zeitung“: „(…) Ich wollte die Offenheit. Ob es nun ein Comic ist, ist mir gar nicht so wichtig. Ich versteh‘ mich als Zeichnerin. Wenn ich eine Animation mache, sage ich andere Dinge. Ich komme ja aus der seriellen Zeichnung und habe sehr viele Serien gezeichnet. Da kommt mir der Comic sehr entgegen. Jetzt habe ich endlich ein Medium gefunden, in dem ich erzählen kann. Ich wollte immer Geschichten erzählen. Auch in großformatigen Zeichnungen oder in Trickfilmen. Und mit Zeichnungen stößt man da bald an Grenzen. Das Format der Graphic Novel ist da ziemlich super (…)“, http://t1p.de/p87e


https://www.splitter-verlag.de/images/product_images/popup_images/Alte_Knacker_05_lp_Cover_900px.jpgWilfrid Lupano (Szenario) & Paul Cauuet (Zeichnungen):

DIE ALTEN KNACKER 5 – REIF FÜRS ASYL (Splitter Verlag)

HC-Album, 56 Seiten, farbig, € 14,80, ISBN: 9783962192167 • Originalveröffentlichung 2018 beim französischen Verlag Dargaud unter dem Titel „Les vieux fourneaux Tome 5 – Bons pour l’asile“ • Übersetzung aus dem Französischen: Tanja Krämling • Leseprobe: http://t1p.de/k4gu

Mit dem vorletzten von sechs geplanten Bänden nähert sich die Serie ihrem Finale, das allerdings schon einmal um zwei Alben hinausgeschoben wurde wegen des großen Erfolgs.
Andreas Platthaus auf faz.net über den vorherigen Band: „(…) Was begeistert die Franzosen (und offenbar auch das deutsche Publikum, denn alle vier Bände sind schleunigst von Tanja Krämling für den Splitter Verlag übersetzt worden) an den „Alten Knackern‘? Gewiss vor allem die politische Inkorrektheit, mit der die munteren Greise durchs Leben gehen. Dann die der Geschichte inhärente Globalisierungsskepsis und schließlich der Schuss Erotik, der durch die Enkelin eines der Knacker ins Spiel kommt (…)“, http://t1p.de/i01w
Andrea Heinze im Deutschlandfunk: „(…) Ebenso prägnant wie die Charaktere sind die Zeichnungen von Cauuet. Die schwabbelnden Tränensäcke und das schlaff hängende Wangenfett sind den Alten so drastisch ins Gesicht gezeichnet, dass man am liebsten fort rennen möchte – und es dann doch nicht tut. Weil auch die Jungen wie ganz normale Menschen gezeichnet sind – und nicht wie Supermodels. Und weil die Mimik der Figuren so großartig ist, dass es eigentlich keine Sprechblasen braucht. In den alten Knackern mischen sich Unterhaltung und Anspruch – und genau das will Wilfrid Lupano mit seinen Comics erreichen (…)“, http://t1p.de/gjip


Alle Platz 37 (beide 9 Punkte)


https://www.reprodukt.com/wp-content/uploads/9783956401435.jpgMathieu Sapin:

GÉRARD – FÜNF JAHRE AM ROCKZIPFEL VON DEPARDIEU (Reprodukt)

HC-Album, 160 Seiten, farbig, € 24,00, ISBN: 9783956401435 • Originalveröffentlichung 2017 beim französischen Verlag Dargaud unter dem Titel „Gérard, cinq années dans les pattes de Depardieu“ • Übersetzung aus dem Französischen: Silv Bannenberg • Handlettering: Olav Korth • Leseprobe: http://t1p.de/a3ok

Über fünf Jahre hinweg hat der französische Comic-Künstler Mathieu Sapin für dieses Portät immer wieder den bekannten französischen Schauspieler begleitet.
Hans Jürg Zinsli im „Tages-Anzeiger“: „(…) Vielleicht ist dies die einzig mögliche Form, um einer Kolossalität wie Depardieu beizukommen. Und vielleicht ist Sapin als Comicfigur deshalb manchmal derart klein geraten, dass er in den seitenfüllenden Splashpanels kaum noch zu finden ist. Wie auch, neben ‚140 Kilogramm Fleisch‘? Präsent ist der Comicautor hingegen, wenn es darum geht, ungeahnte Seiten seines Objektes darzustellen, wenn also Depardieu zum Beispiel nur ein einziges Mal Alkohol konsumiert im Kaukasus. Oder wenn er für ein Foto mit Putin aus lauter Blödsinn seine Nase an dessen Wange platt drückt (…)“, http://t1p.de/qbo5
Ralph Trommer im Gespräch mit Mathieu Sapin für die „taz.die tageszeitung“: “(…) Depardieu hat sich sehr offen gezeigt. Er interessiert sich zwar nicht sonderlich für meine Arbeit als Zeichner, aber sehr für Menschen. Unser Verhältnis ist schon freundschaftlich, aber es ist wohl zu kompliziert, mit ihm eine echte Freundschaft zu unterhalten – er ist nicht der Typ, mit dem man in Urlaub fahren kann (…)“, https://bit.ly/2KpLOwP


https://www.paninishop.de/static/artbilder/jpg/BATMANDERDUNKLEPRINZ_126.jpgEnrico Marini

BATMAN – DER DUNKLE PRINZ (Panini)

Album, 148 Seiten, farbig • SC-Ausgabe: € 16,99, ISBN: 9783741609671 • HC-Ausgabe: € 23,00 • Originalveröffentlichung 2017/18 in zwei Alben beim französischen Verlag Dargaud unter dem Titel „Batman – The Dark Price Charming“ • Übersetzung aus dem Französischen: Monja Reichert • Leseprobe: http://t1p.de/n6g3

Der aus Basel stammende Enrico Marini gehört zu den erfolgreichsten Comic-Künstlern im franko-belgischen Raum und setzte mit diesem Projekt erstmals einen Superhelden-Stoff um.
Mattes Penkert-Hennig auf „Dein Antiheld“: „(…) Obwohl sich ‚Batman – Der dunkle Prinz‘ im ersten Band noch ruhigen Gewissens auf seinen augenzwinkernden Humor und die atemberaubenden Bilder des Schweizer Künstlers Enrico Marini verlassen konnte, nimmt das stilistisch tatsächlich sehr europäisch gefärbte Fledermaus-Abenteuer nun noch einmal deutlich an Fahrt auf. Als spannender Action-Thriller im Geiste des Neunziger-Actionthriller ‚Speed‘ wird es nun vermutlich auch Freunden dynamischer Zerstörungsorgien an nichts mehr fehlen (…)“, http://t1p.de/6m6w
Matthias Penkert-Hennig im Video-Interview mit Enrico Marini: „(…) Was den Amis gefallen hat, ist, dass ich das von Hand male, und das wirkt dann natürlich auch schon europäischer. Aber die Geschichte spielt trotzdem in Gotham. Es ist schon eine Geschichte: Batman in Gotham gegen den Joker. Nicht das man es falsch versteht – es ist nicht eine europäisches Abenteuer von Batman. Er tritt nicht in der Schweiz auf. Er fährt nicht in der Schweiz Ski oder ist Tourist in Paris (…), http://t1p.de/9ish


DIE JURY

Barbara Buchholz (Comixene, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/p02p)
Gina Dähmlow (Sumikai, http://t1p.de/pm2m)
Christian Endres (die zukunft, Geek!, http://t1p.de/ukpk)
Birte Förster (Titel Kulturmagazin, http://t1p.de/qtej)
Gerhard Förster (Die Sprechblase, http://t1p.de/wv34)
Christian Gasser (Radio SRF 2, Neue Zürcher Zeitung, http://t1p.de/mlz5)
Joanna Gawronska (Heldin in Strumpfhose, http://t1p.de/8szp)
Christoph Haas (Süddeutsche Zeitung, taz. die tageszeitung, http://t1p.de/fqdm)
Volker Hamann (Alfonz, Reddition, http://t1p.de/lr8o)
Gerd Heger (Saarländischer Rundfunk, http://t1p.de/6kz0)
Andrea Heinze (Deutschlandfunk, rbb Kulturradio, http://t1p.de/6hpf)
Jule Hoffmann (Deutschlandfunk Kultur, http://t1p.de/htfj)
Alex Jakubowski (ARD-aktuell, Alfonz, http://t1p.de/34ug)
Martin Jurgeit (Buchreport, die neunte, http://t1p.de/mnzr)
Karin Krichmayr (Der Standard, http://t1p.de/yjp7)
Jörg Krismann (Comixene, http://t1p.de/axkj)
Gerrit Lungershausen (Comicgate, Closure, http://t1p.de/7xy3)
Frank Neubauer (ZACK, http://t1p.de/u63o)
Mattes Penkert-Hennig (Dein Antiheld, http://t1p.de/5j86)
Andreas Platthaus (Frankfurter Allgemeine Zeitung, http://t1p.de/8f1s)
Claudia Reicherter (Südwest Presse, http://t1p.de/8v3n)
Martin Reiterer (Wiener Zeitung, http://t1p.de/71xu)
Volker Robrahn (Comic-Talk, http://t1p.de/m4q0)
Martin Schöne (3sat, http://t1p.de/qzyh)
Sabine Scholz (Animania, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/g2ju)
Lars von Törne (Der Tagesspiegel, http://t1p.de/zuip)
Ralph Trommer (taz.die tageszeitung, http://t1p.de/cagt)
Gesa Ufer (Deutschlandfunk Kultur, rbb radioeins, http://t1p.de/680j)
Hans Jürg Zinsli (Berner Zeitung, Tages-Anzeiger, http://t1p.de/kifj)


Der 3. Teil der Comic-Bestenliste 2018 folgt morgen auf Comic.de