DC Comics: „Mehr digital, weniger Titel“

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In der vergangenen Woche wurde von einer Entlassungswelle beim Medienkonzern AT&T berichtet, welche sich durch alle Abteilungen des Firmengiganten zog und auch vor WarnerMedia und dementsprechend DC Comics nicht haltmachte. Mittlerweile wird von 600 bis 800 Mitarbeiter*innen gesprochen – vornehmlich in Positionen mit Entscheidungskompetenzen -, was letztendlich ein Drittel der Beschäftigten ausmachen dürfte.

Dazu geäußert hatte sich der Konzern bisher nicht, doch meldete sich nun DC-Publisher und Chief Creative Officer Jim Lee zu Wort und bestätigte die Vorkommnisse und verlor zudem ein paar Worte über Zukunft des Verlages. Mit dem Bekanntwerden der Entlassungen konkretisierte sich ein bereits über viele Monate angedeutetes Bild, dass Warner den Fokus von der Comicproduktion verlagern und den Verlag nur noch als eine Art „IP-Verwaltungsstelle“ nutzen würde. Lee gab nun an, dass dies nicht der Plan sei und die Comic-Sparte nach wie vor ein wichtiger Bestandteil des Konzerns bleiben würde. AT&T hätte kein Interesse daran, die Comic-Lines fallenzulassen und wies besagte Gerüchte ausdrücklich zurück.

Er bestätigte jedoch auch, dass DC Comics einen extremen Einschnitt in Bezug auf die zu veröffentlichenden Titel vornehmen werde und Serieneinstellungen bevorstünden. So sollen die Kürzungen ca. 20-25 % des aktuellen Portfolios treffen, wobei er sich mit konkreten Angaben zurückhielt. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass u. a. Serien wie „Young Justice“, „Teen Titans“, „John Constantine: Hellblazer“, „Hawkman“, „Suicide Squad“ oder auch „Aquaman“ diesen Maßnahmen zum Opfer fallen und noch in diesem Jahr eingestellt werden. Ob es bei diesen Kürzungen bleibt, ist eher unwahrscheinlich.

Hingegen wolle man bei DC Comics den Anteil der Digital-First und auch Digital-Only-Titel deutlich erhöhen. Der Erfolg von Reihen wie Tom Taylors „Injustice“ dürfte hier als Maßstab für die Ausrichtung dienen. Lee begründet diese Entwicklung mit den Erfahrungen der COVID-19-Pandemie, in der es für viele Leser*innen oft unmöglich gewesen sei, an neue Titel heranzukommen.

Es wurde bereits länger vermutet, dass der Verlag sich immer weiter vom klassischen Print-Markt zurückziehen könnte und seine Produkte nicht mehr abhängig von regulären Comicshops machen würde, um mehr in den Buchhandels- und Digital-Markt zu drängen. Was auch die abrupte Aufkündigung mit dem langjährigen Vertriebspartner Diamond Comic Distributors im vergangenen Juni erklären dürfte. Dass diese Pläne tatsächlich erst von der COVID-19-Pandemie bedingt wurden, scheint bei der aktuellen Entwicklung jedoch recht unwahrscheinlich.

Lee gab an, dass man das Digital-Konzept weiterverfolgen und vornehmlich die sehr erfolgreichen Digital-Titel als Print-Ausgabe nachreichen wolle. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass man auf diese Weise das Publikum auf globalen Wegen erreichen könne.

Zudem werde Lee auch zukünftig die Rolle des DC-Publishers bekleiden, jedoch soll eine Art General Manager eingestellt werden, welcher seinen Posten im September antreten dürfte. Wer genau dies sein wird, wurde noch nicht bestätigt.

Der Tagesspiegel hat eine ausführliche Analyse der aktuellen Entwicklungen bei DC veröffentlicht.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf: bizzaroworldcomics.de

Emanuel Brauer ist Betreiber des Comic-Blogs bizzaroworldcomics.de, Autor für das Comic-Fachmagazin Comixene sowie auch für Comic.de.