Zwei Jahre später: Das Territorium der Familie Carlyle, das noch immer weite Teile der ehemaligen USA und Kanadas umfasst, wird von allen Seiten attackiert. Ein Konflikt also, der an mehreren Fronten gleichzeitig ausgetragen wird und der die Carlyles machtpolitisch zusehends isoliert. Weit im Norden kann Commander Forever Carlyle, der Lazarus der Familie, einen Angriff von Vassalovka abwehren, einer verfeindeten Familie, die Russland und Alaska beherrscht. Auch andernorts tobt der Krieg: Den Carlyle-Verbänden gelingt es in Mexiko, das zum ebenfalls feindlichen Territorium der Familie Morray gehört, Erfolge zu verbuchen, was jedoch einen verheerenden Gegenangriff auf San Diego zur Folge hat. Nachdem sich Forever mit den Lazari der Familien Morray und D’Souza einen blutigen Kampf liefern musste, versucht sie in der Nähe von Wladiwostok, also auf dem Gebiet von Vassalovka, halbwegs diplomatisch einen Erfolg zu erringen, wobei sie es erneut mit dem monströsen Lazarus der Vassalovka, dem Zmey, zu tun bekommt…

Greg Rucka (Autor), Michael Lark (Zeichner): „Lazarus Risen Band 1“.
Aus dem amerikanischen Englisch von Bernd Kronsbein. Splitter Verlag, Bielefeld 2020. 152 Seiten. 22 Euro
Wieder offenbart die Story diverse Geheimnisse der Protagonisten, also in erster Linie der Mitglieder der Carlyle-Familie, die sich mit ihren Dämonen herumschlagen. Inzwischen hat sich Johanna als Familienoberhaupt etabliert, sie agiert zielgerichtet und bedacht. Die Bindung zu ihrer „Schwester“ Forever (jetzt mit pflegeleichter Kurzhaarfrisur) wurde enger, beide bilden ein erfolgreiches Team. Dazu zeigt sie ungeahnte menschliche Regungen. Forever wünscht sich sehnlichst, ihre „Nachfolgerin“ namens Eve, die sie ebenfalls als Schwester ansieht, zu treffen. Vater Malcolm Carlyle, sichtlich gealtert und noch geschwächt von seiner Vergiftung, hält sich (noch) von der Familienpolitik fern, sorgt aber auch für eine Überraschung. Und seine Tochter Bethany, die die Familien-Labore leitet und damit auch die Entwicklung Forevers und Eves verantwortet, erscheint zusehends desillusioniert. Zwischendurch wechselt die Story immer wieder zu Eve, die ihre Kräfte und Fähigkeiten kennenlernt, und das ganz und gar nicht zu ihrem Vergnügen.
„Risen“ ist die konsequente Fortführung der Serie, spannend erzählt, wieder mit diversen Perspektiv- und Handlungswechseln, wobei Rucka und Lark in vielen Szenen Bilder und Gesten sprechen lassen und auf Worte verzichten. Der epische wie blutige Kampf Forevers mitten im Ozean als zentrales Action-Element des Bandes ist fesselnd inszeniert und erstreckt sich über etliche Seiten. Auch hier gilt: Action statt Worte. Mit seinem kräftigen, dynamischen Strich bringt Zeichner Michael Lark die nötige Realitätsnähe in das Geschehen. Auf die Personenübersicht am Anfang des Bandes greift man gerne zurück. Eine Weltkarte mit den Territorien der Familien fehlt diesmal leider, hier muss man auf einen Vorband zurückgreifen. Als originelle Dreingabe gibt es diverse Propaganda-Plakate von Veranstaltungen und Filmen, alle fein säuberlich zensiert (schließlich haben wir es hier mit einem totalitären „Staat“ zu tun), die von Richard Howe und Eric Trautmann gestaltet wurden. Die Serie geht also weiter wie gehabt. Und das ist auch gut so.
Dieser Text erschien zuerst auf: Comicleser.de
Bernd Weigand ist schon über vier Jahrzehnte in Sachen Comics unterwegs: lesen, sammeln, übersetzen. Schreibt auch seit 20 Jahren über Comics, seit 2010 auf comicleser.de.

Seite aus „Lazarus Risen Band 1“ (Splitter Verlag)