Schnitzeljagd in „Der Papagei von Batignolles“

‚Ist ja wie bei Tim und Struppi!’, heißt es in „Der enigmatische Monsieur Schmutz“ einmal, und tatsächlich könnte man zwischen den Zeilen und Panels des Auftaktalbums zu „Der Papagei von Batignolles“ eine Hommage an Hergés Ikonen ausmachen. In erster Linie ist das Ganze aber ein zum einen sehr klassischer, zum anderen sehr französischer Krimi. Der neugierige, gerissene Radio-Tontechniker Oscar und sein Umfeld werden in den 90ern eher durch Zufall in die Jagd nach ein paar Enten-Spieldosen hineingezogen – ein typischer MacGuffin, wie Alfred Hitchcock gesagt hätte. Die in mehr als einem Fall tödliche Spur der Spieldosen führt schließlich zum Leben eines berüchtigten alten Kunstfälschers und einem Familiengeheimnis…

1997 wurde der Krimi aus der Feder von Autor, Kritiker und Produzent Michel Boujut (1942–2011) und Comic-Größe Jacques Tardi (bekannt u. a. für „Adeles ungewöhnliche Abenteuer“ und seine Adaptionen von Léo Malets „Nestor Burma“-Romanen) auf dem Radiosender France Inter gesendet. Jetzt folgt auf Deutsch bei Carlsen die auffallend textlastige Panel-Fassung, die Stanislas Barthélémy umsetzt. Dass beim Zeichner der Comic-Biografie „Die Abenteuer von Hergé“ viel vom Meister der Ligne claire zu sehen ist, sollte nicht weiter verwundern – doch der 1961 geborene Barthélémy, der zur französischen Zeichner-Generation um Lewis Trondheim gehört, liefert keine bloße nostalgische, erstarrte Kopie des Vaters von Tim und Struppi. Vom generellen Feeling her wirkt „Der Papagei von Batignolles“ jedoch schon etwas out-of-date. Nicht unsympathische, aber eher harmlose kriminalistische Schnitzeljagden, die es ruhiger angehen lassen, sollte man also mögen.

Michel Boujut, Jacques Tardi & Stanislas Barthélémy: Der Papagei von Batignolles Bd. 1: Der enigmatische Monsieur Schmutz. Carlsen, Hamburg 2015. 56 Seiten, € 12,00

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