Die Fans von Leo hatten es in den letzten Jahren nicht leicht. Seine publizistische Heimat hatte der Brasilianer Anfang des Jahrtausends beim Epsilon Verlag gefunden, wo man anfangs auch zügig dessen brillante Science-Fiction-Comics lokalisierte (während die Western-Serie „Trent“, bei der Leo nach Szenarios von Rodolphe zeichnete, bei Salleck Publications erschien).
Mehrere Arbeiten des brasilianischen Künstlers fanden über Epsilon den Weg nach Deutschland, darunter „Aldebaran“, „Betelgeuze“ und „Kenya“, aber vor ein paar Jahren geriet die Publikation merklich ins Stocken. Um nicht zu sagen: Sie hörte auf.
Während sich Verlagsbetreiber Mark O. Fischer auf einheimische Künstler konzentrierte, ließ er den Bereich frankobelgischer Alben mehrheitlich brachliegen, während Leo in Frankreich weiterhin fleißig publizierte. Die hiesigen Fans wurden indes immer wieder vertröstet und statt der Fortsetzung bereits gestarteter Reihen gab es Neustarts anderer Miniserien wie „Mermaid Project“.
Das wäre wohl auch lange so weitergegangen, wenn der französische Lizenzgeber nicht etwas mehr Profitabilität erwartet hätte. Geduldig war Dargaud lange genug. Dann gelang aber der Coup.
Splitter übernimmt… aber nicht alles
Als sich im Programm von Splitter der Titel „Centaurus“ fand, da horchten die Leo-Fans auf. Konnte es möglich sein, dass der mittlerweile doch stark angewachsene Fundus des Autors und Zeichners endlich doch noch den Weg nach Deutschland fand? Splitter-Mitbetreiber Horst Gotta musste da aber die Hoffnungen etwas dämpfen.
Splitter hatte zwar die Lizenzen verschiedener Leo-Titel gekauft, Dargaud hatte aber längst nicht alle angeboten. Ein paar verbleiben also bei Epsilon.
Während man dort auf weitere Publikationen warten muss – ein mittlerweile doch sehr bekanntes Spiel – geht es dafür bei Splitter Schlag auf Schlag. Hier veröffentlicht man gerade abwechselnd „Antares“ und „Namibia“ in rasanter Abfolge. Ende des Jahres gesellt sich dann noch die Serie „Ferne Welten“ hinzu.
Spröder Stil
Luiz Eduardo de Oliveira wurde 1944 geboren. Er verließ Brasilien in den frühen 1970er Jahren, als die Militärdiktatur dort übernahm, seiner neuen Heimat erging es 1973 aber auch nicht besser: Nach dem Putsch in Chile kehrte er nach Brasilien zurück. Dort war er als Werbegraphiker tätig, zog dann aber 1981 nach Frankreich, wo er Comics machen wollte. Doch ihm fiel es schwer, Aufträge zu ergattern, weswegen er wieder in der Werbung tätig war und nebenbei kleine Geschichten für Magazine wie „Pilote“ umsetzte.
Als er Ende der 1980er Jahre den Szenaristen Rodolphe kennen lernt, ändert sich alles. Sie arbeiten bei „Trent“ und „Kenya“ zusammen. Bei letzterem schreibt Leo auch an den Szenarien mit. Mit „Aldebaran“ erschafft er dann seine eigene Serie, die er schreibt und zeichnet.
Er etabliert sich damit als eine virtuose Stimme der Science Fiction. Seine Phantasie ist grenzenlos. Er versteht es, seine Geschichten nicht nur mit interessanten Plots und faszinierenden Mysterien aufzuladen, sondern schafft Science Fiction im literarischen Sinne, die sich auch mit der Gesellschaft und sozialen Themen befasst. Als Autor ist er dabei weit faszinierender denn als Zeichner, denn so klar und sauber sein Stil auch sein mag, spröde ist er auch. Er wirkt nicht elegant, nicht verspielt, ist eher sachlich. Aber auch das ist eines von Leos Markenzeichen.
Entsprechend werden auch die Künstler gewählt, wenn Leo nur das Skript verfasst. Sie haben einen eigenen Stil, er orientiert sich aber ganz klar an dem Brasilianer.
Fortsetzung folgt endlich
Besonders erfreulich ist die Publikation von „Antares“, mit der „Aldebaran“ und „Betelgeuze“ fortgesetzt werden. Dies ist Leos Hauptwerk, wenn man so will, bei dem er seiner Phantasie freien Lauf lässt und eine andere Welt erschafft, die von einer faszinierend anderen Flora und Fauna belebt ist, die mit nichts zu vergleichen ist, das es auf Erden gibt.
Er erzählt hier von den Welten von Aldebaran, von den Menschen, die andere Welten kolonisieren und immer weiter hinaus ins All gehen. Aber eines bleibt doch immer gleich: das menschliche Drama.
Leos Science Fiction ist etwas Besonderes. Spannend, mysteriös, vielschichtig und dabei sehr exakt erzählt. Schön, dass man nun zumindest einen Teil seines Oeuvres in schneller Form präsentiert bekommt.
LEOS VERÖFFENTLICHUNGEN IM ÜBERBLICK:
Splitter:
Antares 1-6
Namibia 1-5
Centaurus 1 + 2 (von 5)
Ferne Welten 1 (von 5; Dezember 2016)
Epsilon:
Aldebaran 1-5
Kenya 1-5
Mermaid Project 1 (von 4)
Überlebende 1 (von 3)
Salleck:
Trent 1-8