80 Jahre Batman

"Was wurde aus dem Dunklen Ritter?" (DC Comics / Panini)

Während die Schurken-Performance von Joaquin Phoenix als Joker im gleichnamigen Kinofilm von Todd Phillips gerade die meisten Kritiker*innen zu euphorischen Lobeshymnen hinreißt, versucht Panini, im Fahrwasser des Kinofilms eine Reihe von Joker-Interpretationen neu aufzulegen: In diesem Herbst sind drei Batman-Comics mit Joker-Beteiligung erschienen. Es handelt sich um „Der Mann, der lacht“ von Ed Brubaker und Doug Mahnke (2005), „Was wurde aus dem Dunklen Ritter?“ von Neil Gaiman und Andy Kubert (2009) sowie „Wer zuletzt lacht“ von Chuck Dixon und Scott Beatty (2001). Keine schlechte Idee zunächst, sind doch einige der schönsten Batman-Storys solche mit dem Joker als Gegenpart.

Doug Mahnke, Patrick Zircher (Zeichner), Ed Brubaker (Autor): „Batman/Joker. Der Mann, der lacht“.
Panini, Stuttgart 2019. 148 Seiten. 16,99 Euro

Der Mann, der lacht

„Der Mann, der lacht“ umfasst genau genommen zwei Geschichten, die zunächst keinerlei Zusammenhang haben, außer aus der Feder von Ed Brubaker zu stammen. Die erste der beiden, die Titelgeschichte, ist ursprünglich 2005 als One-Shot erschienen und deutet schon im Titel an, dass Autor Ed Brubaker hier die Ursprünge des Jokers auslotet: „The Man Who Laughs“ ist nämlich zugleich der Titel eines Schwarzweiß-Stummfilms von Regisseur Paul Leni (1928), der als ikonische Quelle für die Gestaltung des Jokers gilt, wie er ab 1940 in den Serien „Batman“ und „Detective Comics“ immer wieder auftrat.

Als Captain Jim Gordon in einem verlassenen Lagerhaus eine Vielzahl missgestalteter Leichen entdeckt, kündigt sich ein größeres Unheil an, als Batman und Gordon es sich vorstellen können, denn den Joker kennen sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das erste Aufeinandertreffen ist ein vom Joker wohl-orchestriertes Spektakel von Mordankündigungen, deren letzte sich an Bruce Wayne richtet. Der Joker, so stellt sich heraus, ist zugleich Red Hood, ein anderer Halunke aus Batmans Schurkengalerie. Dass der Joker und Red Hood dieselbe Person seien, ist keine Erfindung von Brubaker, sondern geht ursprünglich auf „Detective Comics“ #168 (1951) zurück und wurde später von Alan Moore und Brian Bolland in „The Killing Joke“ (1988) noch populärer gemacht. Eine schöne Geschichte.

In der zweiten Geschichte, „Ganz aus Holz“ (2003), klären Batman und Gordon eine fünfzig Jahre zurückliegende Mordserie auf, die plötzlich fortgesetzt wird. Die Worte „Ganz aus Holz“ wurden den Opfern in die Brust geritzt, sodass Batman messerscharf folgert, dass Green Lantern, dessen Achillesferse Holz ist, eine Rolle hierbei spielen muss. Batman und Green Lantern ermitteln gemeinsam, während der inzwischen in Rente gegangene Gordon auf eigene Faust nach dem Täter sucht.

Andy Kubert, Mark Buckingham, Simon Bisley (Zeichner), Neil Gaiman (Autor): „Batman: Was wurde aus dem Dunklen Ritter?“.
Panini, Stuttgart 2019. 132 Seiten. 15,99 Euro

Die Ermittlungen sind arg konstruiert und wenig plausibel: „Diese Nähmaschinennadel wird seit den 1930ern nicht mehr hergestellt … und eine halbe Meile vom Blumenladen weg steht eine seit der Depression verlassene Näherei.“ Aha. Man muss schon beide Augen zudrücken, um diese Ermittlung besonders geistreich und nachvollziehbar zu finden. Überhaupt ist die Geschichte nur ein unglücklicher Appendix für einen Band, der vor allem eine Joker-Geschichte verspricht. Auch wenn die zweite Story ebenfalls von Brubaker stammt, fällt sie deutlich gegenüber der Titelstory ab.

Was wurde aus dem Dunklen Ritter?

In „Batman – Was wurde aus dem Dunklen Ritter und weitere Geschichten“ sind verschiedene Storys von Neil Gaiman und Andy Kubert versammelt. Die Titelstory wurde ursprünglich im April 2009 in „Batman“ #689 und „Detective Comics“ #853 publiziert. Wir folgen den Begleitern Batmans, also seinen Freunden wie auch Feinden, zu einer Begräbnisfeier in der Crime Alley. Während die Trauergemeinde sich versammelt, sehen wir schon das Unglaubliche – es ist Batman, der im Sarg aufgebahrt liegt. Seine Weggefährten schreiten nun einer nach dem anderen vor den Sarg und erzählen von Batmans Tod – und ihrer eigenen Verantwortung hieran. Dabei lassen sich die einzelnen Erzählungen nicht in Einklang bringen, sie widersprechen einander aufs Schärfste und machen die Lektüre damit zu einem großen Spaß. Am ausführlichsten lässt Gaiman Catwoman und Alfred erzählen, wie sie, jede*r für sich, Batman umgebracht haben, und die Geschichte von Alfred ist wirklich so herrlich, dass man sie hier nicht vorwegnehmen darf. Sie enthält auch eine Joker-Origin-Story, und zwar eine, an deren wundervollem Humor man Neil Gaiman erkennt.

Marcos Martin, Pete Woods, Rick Burchett (Zeichner), Chuck Dixon, Scott Beatty (Autoren): „Batman/Joker: Wer zuletzt lacht“.
Panini, Stuttgart 2019. 204 Seiten. 19,99 Euro

Darüber hinaus versammelt der Band einige weitere Batman-Geschichten aus der Feder des britischen Comic-Veteranen, darunter eine absurde Schwarz-weiß-Story, in der Batman und der Joker sich hinter der Bühne auf einen gemeinsamen Auftritt vorbereiten und ihre Rollen proben. Es ist herrlich, wie beide visuell voll und ganz in der Rolle bleiben, ihre Unterhaltung aber bis hin zur Nachfrage reicht, wie es denn den Kindern gehe. Neil Gaiman gelingt es, den sehr dichten Batman-Kosmos um neue Akzente zu bereichern. Pflichtlektüre!

Batman / Joker – Wer zuletzt lacht

Ursprünglich wurde diese Story von Chuck Dixon und Scott Beatty unter dem Titel „Last Laugh“ als sechsteilige Miniserie im Dezember 2001 und Januar 2002 veröffentlicht, gezeichnet von sechs verschiedenen Künstlern. „Last Laugh“ war ein DC-Crossover-Event, das sich über 32 verschiedene Serien erstreckte.

Dem Joker wird die ärztliche Diagnose gestellt, unheilbar an Krebs erkrankt zu sein. Er initiiert einen Aufstand im Slabside-Gefängnis und „jokerisiert“ alle Insassen, woraufhin die Gesellschaft nicht vor einem bösen Clown zittern muss, sondern vor Dutzenden Clowns mit verschiedenen Superkräften.

Die sehr actionhaltige Handlung, die sich nun entfaltet, ist so überladen mit Figuren, dass die Lektüre geradezu einschläfert. Dass die Episoden von verschiedenen Zeichnern stammen, fördert nicht unbedingt den Zusammenhang der wirren Geschichte.

Während Neil Gaiman und Andy Kubert sicher einen Klassiker der Batman-Geschichte mit viel Humor geschaffen haben, hinterlässt der Band von Ed Brubaker gemischte Gefühle. Bei Chuck Dixons und Scott Beattys „Wer zuletzt lacht“ hingegen gibt es nix zu lachen.

Gerrit Lungershausen, geboren 1979 als Gerrit Lembke, hat in Kiel Literatur- und Medienwissenschaften studiert und wurde 2016 promoviert. Er hat Bücher über Walter Moers, Actionkino und den Deutschen Buchpreis herausgegeben. 2014 hat er zusammen mit anderen das e-Journal Closure gegründet und ist bis heute Mitherausgeber. Derzeit lebt er in Mainz und schreibt für Comicgate und die Comixene. An der TU Hamburg-Harburg unterrichtet er Comic-Forschung.

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