Unnützes Wissen für Marvel-Nerds: Deutschland, Österreich und die Schweiz in Marvel-Comics

200 Seiten Fakten zu Marvels Comics, Verfilmungen und Games: Im Buch „Unnützes Wissen für Marvel-Nerds“ (Riva Verlag 2023, 10 Euro) zeigen Stefan Mesch und Lino Wirag Fun Facts, Skandale, Kritik und Überraschungen aus über 80 Jahren Marvel. Als Bonus veröffentlicht Comic.de elf Seiten Text, die (so) nicht im Buch zu finden sind. Die schönsten, absurdesten Fakten über die Rolle, die Deutschland, Österreich und die Schweiz in Marvels-Comics und in den Verfilmungen spielen.

1.

Viele Länder und viele Epochen haben einen eigenen Ghost Rider: Ghost Rider of 10.000 BC (zehntausend Jahre vor Christus) reitet auf einem brennenden Mammut. Der Ghost Rider aus Hamburg (kurz gezeigt in „Ghost Rider“ #3, 2009) hat Struwwelpeter-Look.

Erst im Dezember 1941 erklärt Deutschland den USA den Krieg (weil die USA Japan den Krieg erklären, nachdem Japan Pearl Harbor bombardiert hat). „Captain America“ #1 ist schon ab 20. Dezember 1940 im Handel: Joe Simon (Autor) und Jack Kirby (Zeichner) sind jüdisch und verachten Nazis. Doch das Cover des Hefts, auf dem eine US-Symbolfigur – wie eine zum Mann und zum Helden gewordene Landesflagge – Adolf Hitler zu Boden boxt, wird in den USA fast ein Jahr lang diskutiert wie ab 2022 in Europa Karikaturen gegen Putin: Ist ‚Frieden‘ nicht wichtiger?

Captain America boxt Hitler nur auf dem Cover – die Comics selbst zeigen keinen direkten Kampf. In „Young Allies“, dem Heft zum Team von Caps‘ Sidekick Bucky Barnes, verprügeln die Kinder Hitler (Heft 6) und später auch Mussolini und Hideki Tojo.

Ab 1953 zeigen Comics (als Rückblick), wie Jim Hammond (Human Torch) Hitler 1945 im Führerbunker anzündet. In Comics ab 2009 sagt Bucky, er hätte Hitler erschossen: ein Scherz oder Fehler der Autoren. Ab 1963 zeigen Comics auch wechselnde Hitler-Klone namens Hate-Monger (erschaffen vom Schweizer Arnim Zola), in denen Hitlers Bewusstsein und Erinnerungen weiterleben.

Stan Lee schreibt ab 1941 Comics über den US-Journalisten Keen Marlow (Destroyer). Der Held sabotiert Nazis in Deutschland, verliebt sich in die deutsche Widerständlerin Florence von Banger und hat ab „Mystic Comics“ #6 etwa 40 Auftritte. Schon im zweiten Comic (September 1941) muss Marlow in ein Konzentrationslager. Deutsche sagen Sätze wie „Ach du lieber“ oder „Und now: der End of der Destroyer“, Goebbels wird „Goebbles“ geschrieben und Hitler weint „Nobody does what I tel them anymore. Nobody loffs me“ („Niemand macht noch, was ich sage. Niemand liebt mich.“) und spielt dauernd Hi-Li (Paddle-Ball: ein Ball, via Gummiband an einem kleinen Schläger befestigt).

2.

Als die Marvel-Figuren ab 1966 zum ersten Mal eingedeutscht werden, ist jeder Name übersetzt oder verändert. Die Spinne (Spider-Man), Halk (Hulk), X-Männer (X-Men), Devil-Man (Daredevil – obwohl „Teufelskerl“ naheliegt), Silberstürmer (Silver Surfer), Der Eiserne (Iron Man) sowie Die Rächer (Avengers). Noch 1992 heißt Scarlet Witch (statt wenigstens „scharlachrote Hexe“) Scharlach-Hexe.

Auf dem Cover von „Hit Comics“ #9 (1967) wird der Satz „Once upon a time … there was a robot!“ zu: „Eine Zeit danach … dort ein Roboter“ (statt „Es war einmal … ein Roboter!“). Heft 26 verspricht (ein Tippfehler): „Nächste Ausgabe: Wenn ein Monarsch [!] wütend ist.“

Das Cover von „Hit Comics“ #242 (1973) zeigt Human Torch und versehentlich auch sein ziviles Ich Johnny Storm – als gäbe es die Figur doppelt oder als seien Torch und Johnny verschiedene Personen. In Marvels Welt ist das zwar – durch Zeitreisen oder Paralleldimensionen – nicht unwahrscheinlich. Doch damals war es nur ein Patzer.

Weil auf der Brust von Daredevil „DD“ steht, passt „Der Dämon“ als späterer deutscher Name (1972) halbwegs. In Spanien heißt die Figur „Defensor Dan“ – Verteidiger Dan(iel) – und Hulk heißt anfangs „La Masa“ („die Masse“, aber auch „der Teig“). 

In Frankreich heißt Hulk „La Mole“ („der Haufen“) und Doctor Doom „Docteur Fatalis“. Ben Grimm heißt in Norwegen „Big Ben“ (statt The Thing/Das Ding), und Hawkeye auf Deutsch zuerst „Falkenauge“: Hier wird das „H“ auf dem Kostüm zum „F“ retuschiert.

3.

Korrekte Sätze: „Mutant Max Eisenhardt (Magneto) ist deutsch und jüdisch, seine Frau Magda Romni. Die erste Tochter Anya (keine Mutantin) stirbt bei einem Pogrom, die Zwillinge Pietro (Quicksilver) und Wanda (Scarlet Witch) werden von Roma aufgezogen (und haben die mutierte Kuh Bova als Amme). Max überlebt die Shoah, doch Magda stirbt in Auschwitz. Mit Suzanna zeugt Max später die Tochter Lorna (Polaris).“

Fast alles an Magnetos Leben wird weit nach 1963 hinzugedichtet – der Name Max zum Beispiel in fünf tollen Heften, die Kindern (ab etwa zehn Jahren) Nazi-Deutschland erklären: „Magneto Testament“, 2008. Erst ab „X-Men“ #151 (1981) wird Magneto als jüdisch erzählt; und 2015 wird ‚enthüllt‘, dass Wanda und Pietro doch nicht seine Kinder sind und kein X-Gen haben – damit die Zwillinge besser ins MCU passen statt in Fox’ „X-Men“-Filme.

Zeichner Dave Cockrum ist nicht gläubig und will, dass auch Kurt Wagner (Nightcrawler, 1975 von Cockrum erfunden) als Atheist gezeigt wird. 1980 aber will Chris Claremont zeigen, dass Kurt jüdisch (und religiös) ist. Roger Stern und John Byrne wenden ein: Es gibt durch Deutschlands Verbrechen bis 1945 kaum noch jüdische Deutsche in Kurts Alter – also wird Kurt stattdessen streng katholisch.

Kurt sagt oft „Ach“, „Ja“ und – das vermeiden gläubige Deutsche meist – „Verdammt“ und „Mein Gott!“. Auch Ausrufe wie „Hoppla“ und „Heiliger Strohsack!“ machen Spaß. Dass er Beast „Liebchen“ nennt, passt nicht zu den Figuren – doch dass Marvel „Leibchen“ schreibt statt „Liebchen“, passt zu Marvel.

Kurt kommt aus Winzeldorf: „tief im Schwarzwald“ und „in den bayerischen Alpen“. Zu Kate „Kitty“ Pryde sagt er „Kätzchen“ (wenigstens nicht „Kätzle“ oder „Katzerl“), doch auch „Katschen“ kommt vor – und das berühmte deutsche Wort „Lieberstesh“.

4.

Vampir Dieter Reinhardt ist Österreicher, Draculas Sohn, über 200 Jahre alt – und fragt in „Blade II“ (2002): „Can you blush?“ („Kannst du rot werden?“). Wesley Snipes spielt Blade, hat die rassistische Frage selbst erlebt und will, dass sie im Film vorkommt. In Teil 1 ist „Some motherfuckers are always trying to ice-skate uphill“ („Irgendeine Arschgeige will immer auf Schlittschuhen den Berg rauf.“) Snipes’ Idee.

Tony Stark spottet in „Endgame“ (2019), Ebony Maw sieht aus wie Tintenfisch Squidward aus SpongeBob. Die deutsche Synchronisation nimmt statt „Thaddäus Tentakel“ nur „Dörrpflaume“. In US-Comics wird Tony – wenn er besonders übergriffig über andere entscheidet – oft auf Deutsch als „der Eisenführer“ beschimpft.

In „The Avengers“ (2012) wird Loki von S.H.I.E.L.D. an der Adresse „Stuttgart, Germany. 28, Königstrasse“ geortet: Dort stehen die Königsbau-Passagen, ein Einkaufszentrum. Der Film aber zeigt eine Art Museum (Drehort ist Cleveland): Loki zwingt alle Gäste einer Gala zur Ausstellung „Eroberung und Opferung“, vor ihm zu knien. Nur ein Mann um die 70 – sowie Steve Rogers, der dazustößt – machen Loki sofort klar: Wer sich verhält wie ein Nazi, wird verachtet wie ein Nazi.

Fürs deutsche Publikum amüsant: Der Stuttgarter Hauptbahnhof, der im Film gezeigt wird. Statt des milliardenschweren Bauprojekts Stuttgart 21, das seit 2010 nicht fertig wird, ist im Film nur eine Art monströse Bushaltestelle zu sehen, an der zwei Schilder mit der Aufschrift „Stuttgart (Hbf)“ hängen.

Erst „Civil War“ (2016) dreht viele Szenen wirklich in Berlin (und auf dem Flughafen Leipzig/Halle). Deutschland zahlt Disney 1,3 Millionen Euro aus Mitteln der staatlichen Filmförderung.

5.

Namor weiß: Es gibt leider keine einzige Küste in Deutschland – dem Land fehlt jeder Zugang zum Meer. Damit Namors walförmige U-Boote aus Atlantis Hitler stoppen können, lässt er in „Human Torch“ #5 (1941) das Mittelmeer überschwappen: So schwimmt die Flotte nach Norden bis nach Berlin.

Ein fieser US-Millionär in „Punisher kills the Marvel Universe“ (1995) heißt Kesselring – benannt wohl nach Kriegsverbrecher Albert Kesselring. Magneto erzählt Rogue in „X-Men: Legacy“ #249 (2011), wie er 1945 den (realen) Nazi-Arzt August Hirt zum Suizid gezwungen hat.

Typische Nazi-Namen bei Marvel sind Mila und Peter Hitzig (2014), Graf von Blitzkrieg (2011), Penny Panzer, Fraulein Fatale und die Übermädchen (2009), Wernher von Blitzschlag (2007, er klont Thor), Baron Leonhardt von Königsblut (Werwolf und Nazi, 2002), Baron Waste von Kampf (1986, im Kinder-Comic „Spider-Ham“), Fritz Klaue (1962, Vater von Ulysses Claw und Kommandant der Festung von Furcht), von Rottz (1944), Elinor von Drei (1943), von Blubber, Baron Uhh, Hauptmann Achhimmel und Pfeiffer Kornstalk (1942) sowie Doctor Necrosis, Doctor Agony, Doctor Eternity und 2003 der Nazi-Affe Doctor Orangutan.

Auf Erde-597 besetzen Nazis Großbritannien – darum heißt Captain Britain dort „Hauptmann Englande“. Neonazi Über Alles (2015) hasst, dass er als Inhuman ‚genetisch unrein‘ ist. Für Hitler kämpfen Siegsoldat (2005), Zahnmörder, Blitzkrieg und Säurespritze (1991) und (kein Pseudonym?) Hilda von Hate – She-Witch of the SS (2015).

Helmut Gruler (Iron Cross, 1978) wählt Nazis, doch opfert sich im Kampf gegen Baron Strucker (2001). Wilhelm Lohmer (Master Man, 1975) hat deutsche Vorfahren, ist vor Kriegsbeginn Nazi-Bundist beim amerikadeutschen Bund und opfert sich in „Cable“ #51 (1997) gegen Axl Nacht (Gotteskrieger, 1990).

6.

Der (fiktive) Auschwitz-Kommandant Karl von Horstbadden hat ab 1956 immer wieder Auftritte. Herr Hitzig, weiß Magneto, kümmert sich um die Öfen in Auschwitz (Comics von 2011 und 2014). Anna Kappelbaum hat das fiktive KZ Diebenwald überlebt, wohnt später in zwölf Heften „Captain America“ (1979) in Brooklyn Heights und erkennt dort KZ-Arzt Dr. Mendelhaus wieder.

Als Major Bauman versteht, dass er den Häftling Wolverine nicht erschießen oder erstechen kann – und zeitgleich in Prag ein Attentat auf Baumans Chef, den realen KZ-Leiter Reinhard Heydrich, glückt – stirbt Baumann voller Frust und Rage in seinem brennenden Büro, zwischen ‚kultivierten‘ Büchern und Weinen. („Wolverine“ #32, 2005: Ende Mai 1942 fällt hier in Sobibor/Polen dauernd Schnee.)

Ab „Sgt. Fury“ #27 (1965) kämpft Eric Koenig in Nick Furys Einheit gegen Nazis, um seine Schwester Ilsa zu rächen. Julia Koenig (Kriegerfrau, Warrior Woman, ab 1977) ist nicht verwandt: Die Nazi-Spionin nennt sich auch Frieda Ratsel (Madame Mystery).

Abraham Erskine, Erfinder des Super-Serums, ist Jude und kommt aus Augsburg. Baron Wolfgang von Strucker (Preuße; die Familie hat auch ein Schloss in Bayern) hilft meist Hydra oder Red Skull. Von Struckers Zwillinge Andrea und Andreas nennen sich „Fenris“. Baron Heinrich Zemo, geboren 1890 in Zeulniz bei Leipzig, stirbt schon in „Avengers“ #15 (1965), doch sein Sohn Helmut leitet oft böse Teams. Arnim Zola (geboren am Weisshorn, Schweiz) lebt (wie Hitler als Hate-Monger) meist als digitales Bewusstsein in Roboter-Körpern weiter.

Red Skull heißt Johann Schmidt und stammt aus einem nicht benannten deutschen Dorf. Seine Tochter Sinthea Schmidt gründet die „Sisters of Sin“. Im lieblosen Film „Captain America“ (1990) wird das Super-Serum von Maria Vaselli entwickelt: Die faschistische italienische Regierung entführt das hochbegabte, reiche Kind Tadzio De Santis und macht ihn 1936 via Serum zu Red Skull.

7.

Der Goethe-Award geht 1971 bis 76 unter anderem an Roy Thomas, Neal Adams, Len Wein und Barry Windsor-Smith. Der Fan-Preis ist nach Goethe benannt, weil Goethe „Fan“ des Schweizer Comic-Pioniers Rudolphe Töpffer (geboren 1799) war. Auf Erde-616 kennt Marvel-Schurke Mephisto Goethe persönlich. Der Wiener Nazi Dr. Faustus dagegen ist stärker von Christopher Marlowes „Faustus“ inspiriert als von Goethes „Faust“.

Lorelei ist bei Marvel keine Germanin, sondern aus Asgard und Schwester von Amora (Enchantress). Die Thor-Parodie „Sore“ singt ‚Deutsch‘ (in „What the – ?!“ #21, 1992), indem er zu Platten wie „The Anvil Chorus“ und „Hooked on Wagner“ mit dem Hammer auf einen Amboss schlägt und dabei grölt „Muten-Fluten Bluten-Gluten“.

Maximilian von Katzenelnbogen (deutsch; etwa zwölf Jahre alt) ist der letzte Nachfahre von Dr. Victor Frankenstein (Schweizer) und will mit der elitären (Kinder-)Gruppe Homines Verendi die X-Men ausrotten.

Als die USA Anfang 1980 entscheiden, Olympia in Moskau zu boykottieren, baut Marvel drei schon recht fertige Olympia-Hefte um: „Contest of Champions“ (1982) trennt Figuren in zwei Gruppen – das Team des Grandmaster und das Team von Tod (bei Marvel meist verkörpert als morbide junge Frau). Der neue Held Frank Mittelstaedt aus Backnang hat Elektro-Kräfte und nennt sich (ohne Ironie oder Nazi-Bezug) „Blitzkrieg“.

Mutantin und Detektivin Layla Miller rennt in „X-Factor“ #240 (2012) durch New York: Alle Bilder (Panels) der linken Spalte erzählen eine Variante, alle Bilder der rechten eine zweite. An einem Kino steht „Tom Tykwer Film Festival“, das Heft heißt „Run, Layla, Run“ und als Layla von einer rothaarigen Frau umgerannt wird, sagt die Fremde auf ‚Deutsch‘: „Aufpassen Idioten Hauptling.“

8.

Für Marvel Italia schreiben und zeichnen drei Italiener 1995 fünf Hefte des Comics „Europa“: Geyr Kluge kommt aus Berlin, war S.H.I.E.L.D.-Agent und kämpft im Team Euroforce. „X-Statix“ #13 zeigt 2003 im bösen Team Euro-Trash Surrender Monkey (aus Frankreich) und Mutant Günter Gross (The Wall) aus Berlin, „Schriftsteller und Sprachrohr der neuen deutschen Linken – bis die Berliner Mauer direkt auf ihn fällt“.

„X-Cellent“ (2022) zeigt Rosa Lemper als neue The Wall: Die ostdeutsche Maurerin wird exakt im Moment des Mauerfalls geboren (und schmückt ihre Steinhaut oft mit Graffiti).

Zeitgeist (Axel Cluney, sein Erbrochenes ätzt wie Säure) hat mit Deutschland nichts zu tun: Sein Team X-Factor (später X-Statix) will „den Zeitgeist treffen“. Der Hipster-Comic macht sich über gecastete Boygroups lustig, einem Dalmatiner wächst der Kopf von Britney Spears und in „Di another Day“ (2003) soll Prinzessin Diana als Mutantin von den Toten auferstehen. Elton John und die britischen Royals finden Marvels Idee geschmacklos – und Lady Di wird vor Veröffentlichung der Hefte überzeichnet, als Sängerin Henrietta Hunter.

Im One-Shot „Spider-Man vs. Wolverine“ will Spidey Wolverine nach Ost-Berlin folgen. Noch im Westen sieht Peter kurz vor der Berliner Mauer zwei BRD-Polizisten und überlegt, ob diese Polizei Leute, die über die Mauer klettern, erschießt („Do they do that?“). Polizist Fritz sagt: „Meine Mutters Strudle hat einen Orden bekommen!“ und (wahrscheinlich irrtümlich in derselben Sprechblase statt als Antwort des zweiten Polizisten): „Fantastich! Meinne Olle kann nicht bakcen! Die Menschheit wäre bessen dran ohne ihren Strudle.“ (Text: Jim Owsley, 1986)

Mutant Christoph Nord (Agent Zero/Maverick) kommt aus der DDR. In den 80er Jahren, als die Armee der DDR Mount Wundagore im Staat Transia (zwischen Serbien und Griechenland) erobern will, tötet Magneto den DDR-Soldaten Utë Eiskalt (!) – doch Utës Bruder Adrian Eiskalt schwört Rache. („X-Men Unlimited“ #2, 1993)

9.

Nazis töten die Eltern von Hans Brauer, Kurt Erzberger, Maxie Stein, Gus Weber und Warren Zumwald. Darum verstecken sich die Kinder (ob sie jüdisch sind, wird nicht gesagt) im Schwarzwald und werden mit Vic, dem Sohn eines US-Diplomaten, zum Team „Victory Boys“ (ab „Comedy Comics“ #10, 1942).

Fritz von Meyer (Swarm, ab 1966) ist ein Nazi aus Leipzig, der in Südamerika untertaucht und in einem Schwarm mutierter Bienen aufgeht: Sein böses Ich ist im Schwarm gespeichert.

Galerist Edmund Heidler will Steve Rogers’ Kunst ausstellen. Heidler ist ein Klon von Hitler, doch ohne Gedächtnis. Privat hört er Platten von Jopi Heesters, malt Hakenkreuze – aber weiß nicht, warum. („Captain America“ #616, 2011)

„Guardian“ heißt zwar „Beschützer“, aber auch „Vormund“. Markus Ettlinger (Vormund) kämpft im Team „Schutz Heiliggruppe“ (1991). Auch Namen wie „Hauptmann Deutschland“, „Freiheitskämpfer“ und (in der Schweiz) „Weisse Kreuz“ wirken plump und viel zu wörtlich.

„Deacon“ heißt „Diakon“ – darum ist nicht klar, ob der Deutsche Deacon Frost, der schon im Jahr 1860 unsterblich werden will (ab „Tomb of Dracula“ #13, 1973), mit Vornamen „Deacon“ heißt oder nur Diakon ist. Im Film „Blade“ (1998) wird nicht gesagt, ob Frost aus Deutschland kommt. 

10.

Erst leitet Nazi Fritz Tiboldt (Ringmaster) aus Wien den „Circus of Crime“. Später hat sein Sohn Maynard einen Hypno-Zylinder und ein Stück eines Kosmischen Würfels – mit dem er den engeren Umkreis verändern kann wie eine Manege, in der ihm alles gehorcht. Moon Knights Haushälterin Nedda kommt aus Österreich. Irene Adler (Destiny) kommt aus Salzburg. Auch Irenes Partnerin seit Ende des 19. Jahrhunderts, Raven Darkholme (Mystique), könnte Österreicherin sein. 

Deadpool ist ein Experiment des Schweizer Genetikers Emrys Killebrew. Die Schweizer Drillinge Sven, Harlan und Eric Kleinstock helfen Magneto (und können, genau wie auch Mutantin Monet St. Croix und ihre Schwestern, verschmelzen). Bessie (Hellcow) ist eine Schweizer Kuh, von Dracula gebissen. Karl Morgenthau (Flag-Smasher) stammt aus Bern und hasst Nationalismus. Im MCU ist Karli Morgenthau eine militante, junge Schwarze Aktivistin – keine Schweizerin, aber aktiv in Zürich und München.

Weil Klara aus Bern (Schweiz) mit Pflanzen spricht, wird sie mit elf kurz vor dem Ersten Weltkrieg schnell an einen Auswanderer (Herr Prast) verheiratet. Joss Whedons „Runaways“-Hefte (2007) über Klara Prast mit Chloroplast-Kräften, die vor fast 120 Jahren in New Yorker Slums gezwungen wird, „eheliche Pflichten“ (Klaras Umschreibung) zu erfüllen, wirken freudlos und schmierig.

Mantis ist auf Erde-616 kein Alien wie im MCU, sondern aus Huế: Der deutsche Söldner Gustav Brandt (Schurke Libra) kämpft 1953 für die Kolonialmacht Frankreich in Vietnam. Brandt ist blind, weil ihm der Bruder von Lua Nguyen (Mantis’ Mutter) mit Flammenwerfern die Augen ausbrennen lässt.

Mantis wird Sexarbeiterin, dann Avenger (Comics ab 1973), dann bei DC die Heldin Willow (1977), dann bei Eclipse Comics die Heldin Lorelei (1983): Autor Steve Englehart nimmt sie unter wechselnden Namen mit in neue Projekte.

11.

Nachfahr*innen eines Frostriesen gründen die Gruppe Pantheon und nennen sich nach Figuren der griechischen Mythologie: Hector ist Deutscher (und schwul, in Comics ab 1994). Ein Absturz von Pilotin Ilaney Brükner tötet 200 Menschen, darum lebt die Deutsche allein im Wald (1998). Jean Greys Familie hat auch deutsche Vorfahren: Fiona Knoblach ist 1692 bei den Hexenprozessen in Salem angeklagt (2000). Ein deutscher Mutant und Söldner (mit eigenem Schloss) nennt sich Black Swan (2002). Nazi Johan Richter stürzt über dem Savage Land ab und bringt als Sickle Priest Menschenopfer (2019).

Graf Otto Vermis, Hydra-Chef in den Alpen, belügt Jessica Drew (Spider-Woman), sie sei kein Mensch ohne Gedächtnis, sondern nur eine zur Menschen-Form mutierte Spinne und macht sie zur Agentin (1976): Im ersten Comic war Jessica tatsächlich als Spinne geplant, die sich für einen Menschen hält. Erst später wird behauptet: Vermis log sie an.

Hanna Verschlagen (1995) ist eine böse Genetikerin aus Neustrelitz. Auch der Virologe Hans Beimer (2004, er heißt zufällig wie eine Figur aus der „Lindenstraße“), Spideys Gegner Mendel Stromm (Erfinder des Goblin-Serums) und Barbara Gruber (Mother Matrix, 1994) sind deutsch und böse. Gustav Krueger (Rattler) nutzt Hörgeräte, klappert wie eine Klapperschlange und kommt aus „Breslau, Germany“. (Breslau liegt in Polen.)

„Niemand hat Bock mehr auf Supermanieren / Batman zu alt, Robin senil / Hulk von Beginn an schon inkredibil“ singen die Fantastischen Vier im Song „Captain Fantastic“ (2018). Als PR für „Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer“ (2007) sieht die Band den Film vorab. 2005 erklagen sie 30.000 Euro, weil ein Handy-Laden in Stuttgart sagt, er „präsentiert seine fantastischen Vier“: vier Handys, die nichts mit der Band zu tun haben.

Hulk, Hawkeye, Okoye, Happy Hogan – und Batman! Kostümierte Walking-Acts (etwa für Feiern, Messen und Autogrammstunden) vermittelt „Stark Entertainment“ aus dem Westerwald.

Stefan Mesch, Lino Wirag: Unnützes Wissen für Marvel-Nerds • Riva Verlag, München 2023 • 192 Seiten • Softcover • 10,00 Euro