Alice Matheson ist Krankenschwester. In diesem Beruf pflegt man Menschen für gewöhnlich zu helfen, sie vor Schmerzen zu bewahren. Dummerweise findet die Soziopathin am genauen Gegenteil Gefallen und beschert ihren Schützlingen regelmäßig und heimlich ein vorzeitiges Ableben. Da kommt es ihr gar nicht gelegen, dass einige Patienten sich auf einmal weigern, die letzte Reise anzutreten und stattdessen als stöhnende, sabbernde Untote durch die weißen Korridore des Hospitals wanken. Angesichts solch außergewöhnlicher Umstände vergisst sie sogar kurzzeitig die schmierigen Annäherungsversuche von Radiologe Jordan Barry…
Wer hinter „Alice Matheson“ bloß eine weitere, generische Zombie-Reihe vermutet, wird schnell verdammt große Augen machen. Jean-Luc Istin feuert von der ersten Seite an großflächige Salven bizarren, zynischen Humors auf seine Leser ab. Aber der eigenwillige Mix aus schwarzhumoriger Krankenhaus-Soap und schrägem Psychokiller-Drama in der Tradition von Lecter oder Dexter präsentiert sich nicht etwa in verharmlosender Funny-Optik. Mit sehr cleanen, großformatigen Seiten irgendwo zwischen frankobelgischem Genre-Comic und stylischer Ami-Action hat die schöne Alice auch ästhetisch anspruchsvollen Lesern jede Menge zu bieten.
Von der ersten Doppelseite mit ihrem Charakter-Diagramm, welches das illustre Treiben im Londoner Krankenhaus auch für Soap-Muffel ein wenig aufbereitet, über die ersten, hollywoodreif inszenierten Zombie-Attacken bis hin zum grotesken Finale beweist der erste Band von Splitters neuem Zombie-Format vor allem eines: dass er sich mit nichts vergleichen lassen kann und will. Dabei ist „Alice Matheson“ aber keineswegs eine alberne Genre-Parodie, sondern garniert seine extrem eigenwillige Erzählweise mit jeder Menge herrlich morbider Momente.
Für Zombie-Fans führt ohnehin kein Weg an dem eleganten Hardcover vorbei, aber selbst der stärkste Untoten-Allergiker sollte angesichts so viel kreativer Frische mal einen Blick hinter die Türen dieses Krankenhauses werfen. Wer sich nun hat überzeugen lassen, sollte aber nicht nur um die modernden Monster einen großen Bogen machen, sondern auch um Alice Matheson…
Eine Leseprobe findet sich hier.
Jean-Luc Istin, Philippe Vandaële: Alice Matheson Bd. 1: Tag Z. Splitter, Bielefeld 2016. 48 Seiten. 14,80 Euro