Vor 60 Jahren, im Februar 1957, debütierte der von André Franquin geschaffene Gaston auf den Seiten des „Spirou“-Magazins, mit dem Tod des Künstlers im Jahr 1997 schien es auch um den chaotischen Büroboten geschehen zu sein. Bis dahin hatte Franquin aber viele Hunderte von Gags illustriert und dabei begonnen, seine Signatur zu einem eigenen Gag zu machen, denn diese spiegelte häufig wieder, was sich auf der Seite gerade getan hatte.
Die Figur debütierte im „Spirou“-Magazin, aber es sollte noch dauern, bis erste Gags präsentiert wurden, zuerst in Streifenform, später auch als Halb- und schließlich Ganzseiter. Franquin war noch mit „Spirou und Fantasio“ beschäftigt, als er „Gaston“ erfand. Anfangs gab es auch eine stärkere Verbindung zwischen beiden Serien, weil Fantasio als Redaktionschef mit dem Chaos seines Büroboten leben musste.
Spirous Kumpel blieb bis 1968 Teil der Redaktion, dann schickte man ihn in den Außendienst. Damit emanzipierte sich „Gaston“ auch von der großen Mutterserie. Franquin begann, sehr viel freier und auch radikaler zu erzählen, zumal er in den 1970er Jahren anfing, auch sozialkritische Themen aufzugreifen. Er machte Gaston zu einem Umweltaktivisten, als kaum jemand wusste, was das überhaupt war.
Das Büro-Universum von „Gaston“ wurde kontinuierlich ausgebaut. Auf Fantasio folgte der neue Vorgesetzte Demel, der zuvor nur ein einfacher Redakteur war. Wie Fantasio scheiterte er daran, mit dem cholerischen Geschäftspartner Bruchmüller Verträge abzuschließen, weil Gastons Experimente immer wieder dazwischenkamen. Hinzu kommen Fräulein Trudel, die Gaston abgöttisch liebt, der Zeichner Krause, der Buchhalter Bolte, der Polizist Knüsel, mit dem sich Gaston einen ewigen Kampf liefert, und sein Kumpel Alfons, der in einem Büro auf der anderen Straßenseite arbeitet.
Im Rückblick empfand Franquin die Serie als seine persönlichste Arbeit und Gaston als eine Art Selbstporträt. Das mag am Chaotischen, aber auch der unbändigen Kreativität der Figur, mit Sicherheit aber auch an der Tierliebe und dem Umweltbewusstsein gelegen haben. Darüber hinaus führte Franquin mit dem Sketch Nr. 347 auch noch Gastons Cousin Felix Pannemann ein, der wie sein Schöpfer an Depressionen leidet.
Auch in Deutschland kennt man Gaston schon lange, selbst wenn er anfangs noch Jo-Jo hieß. Bei Kauka war man allerdings auch reichlich schmerzbefreit, was das Eindeutschen ausländischer Comics betraf. So dichtete man der Figur, die natürlich im Kauka Verlag unterwegs war, ein Stottern an, das im Original gar nicht existiert. 1981 fand Gaston dann seine Heimat beim Carlsen Verlag, wo er auch heute noch sein Unwesen treibt. Erst waren es nur zwei Alben, später gab es eine Reihe beim Kiosk-Imprint Semic bevor ab 1985 die legendäre gelbe Album-Reihe publiziert wurde.
Man veröffentlichte frei von jeder Chronologie. Erst 1993 machte sich der Verlag daran, mit der roten Hardcover-Ausgabe der „Gesammelten Katastrophen“ alle Strips in chronologischer Reihenfolge zu veröffentlichen. Für eine Neuauflage im Jahr 2008 wurden die Übersetzungen noch einmal überarbeitet und die Namen der Nebenfiguren vereinheitlicht. Seit Ende 2015 gibt es die ultimative Edition mit dem Schuber „Der ganze Gaston“, bei dem jedes Fitzelchen, das es zum Büroboten gibt, gesammelt ist, bei dem es aber auch – typisch Gastonsches Chaos eben – auch einen kleinen Fehler gab, weswegen für die erste Auflage ein Zusatzheft produziert werden musste, in dem dann tatsächlich noch ein paar ausfindig gemachte Perlen präsentiert wurden.
Gaston feiert nun seinen 60. Geburtstag – passenderweise in dem Jahr, in dem Carlsen auf 50 Jahre Comic-Historie zurückblickt. Mittlerweile tummelt er sich auch wieder in „Spirou“, da Dupuis seit 2014 nicht nur die Rechte am Marsupilami, sondern auch an Gaston erhielt, so dass einem Wiedersehen von Franquins beliebtesten Figuren nichts im Weg steht.