Superhelden in Nöten – und Moses macht Selfies.
Lachen ist gesund, vor allem, wenn es in der realen Welt immer mehr Absurditäten und Absonderlichkeiten zu notieren gilt. In Zeiten des Selfie-Wahns, verstopfter Autobahnen, politischer Irrungen und prekären Situationen der zwischenmenschlichen Beziehungen tut ein wenig Distanz und humoristische Aufbereitung not, und die eilt uns in Form des neuen Bandes von Zep entgegen.
Dabei geht es aber keinesfalls um reinen Klaumauk: der Franzose serviert auch in „What a Wonderful World“ lustige, anrührende und bisweilen nachdenkliche kleine Vignetten aus dem allzu menschlichen Alltag. In „Selfie“ etwa führt er vor, wie es denn gewesen wäre, wenn Moses vor der Teilung des Roten Meeres erst einmal seine GoPro aufgesetzt hätte; als „Sportler auf hohem Niveau“ karikiert er den allgemeinen Fitnesswahn damit, dass er mit ein paar Metern Fahrrad, einer Runde Schwimmen und einer Treppenbesteigung einen echten Triathlon absolviert hat; in „Interstellar“ entwirft er eine beklemmende Vision eines Flüchtlings, dessen Weg wie in die Erforschung eines fremden Planeten anmutet; und im Zeitverlauf zeigt er uns „Die großen strategischen Fehler des Anbaggerns“, in denen sich das männliche Geschlecht mit 90 noch genauso deppert verhält wie mit 15.
Dabei fungiert Zep oft selbst als Hauptfigur, auch seine Frau und Kinder müssen herhalten, wenn es um alltägliche Probleme wie Schlaflosigkeit, eigentlich sinnlose Flohmarktkäufe oder um die Frage geht, warum Männer beim Sex keine naturwissenschaftlichen Vorträge halten können (Frauen im Übrigen auch nicht, lieber Zep). Bisweilen wird dabei auch die Illusion durchbrochen, wenn Zep an seinem Zeichentisch von den Kindern unterbrochen wird oder sich direkt ans Publikum wendet. Auch das Genre Comic wird persifliert: so etwa führt die „Komplizierte Sexualität der Superhelden“ sehr amüsant die Peinlichkeiten vor, die Herrschaften wie Spiderman, Hulk oder Medusa mit dem anderen Geschlecht erleben, und in „Wie alt sind unsere Comichelden wirklich?“ erleben wir, wie Micky Maus, Batman, Asterix und Co. eigentlich altersgerecht gezeichnet sein müssten (Batman im Rollator, Asterix als 57jähriger Zaubertrank-Säufer).
Alle Geschichten erschienen wie gewohnt bereits auf Zeps Blog, angelegt für die französische Tageszeitung Le Monde, und bieten auf jeweils 1-3 Seiten kleine Vignetten, die vollkommen subjektiv die spaßige Weltsicht des Autors spiegeln. Dabei ist die inhaltliche und auch emotionale Bandbreite bemerkenswert – weit weg von Schenkelklopfereien, steht hier weniger Cartoon-Humor Pate als vielmehr der Erkenntnisreichtum eines Loriot (von den Genre-Veralberungen mal abgesehen). Wenn er durchaus treffend über den Arbeitsalltag sinniert („Mobilität“) oder sich dem Problem des Radikalismus nähert, regt Zep nicht nur die Lachmuskeln, sondern auch die Nachdenklichkeit an. Diese Sammlung zeigt somit wieder einmal Zeps angestammtes Terrain, das er in „Happy Girls“, „Happy Parents“, „Happy Rock“ und anderen Ausgaben ausbreitete und im Erotik-Schaugepränge „Esmera“ (alle bei Splitter) höchst wirkungsvoll komplett hinter sich ließ. Lustig, wahr, spannend, bietet dieser Band (neben „Nimona“) gleichzeitig den Auftakt des neuen Splitter-Unterlabels Minisplitt, in dem Softcover in kleinerem Format erscheinen.
Eine Leseprobe findet sich hier.
Zep: What a Wonderful World. Splitter, Bielefeld 2016. 176 Seiten, € 19,95