Buchstäblich düster ist die Lage für die Besatzung des phantastischen Unterseeboots Fulgur. Mit den frisch entdeckten gestrandeten Juana und ihrem Vater sitzen sie tausende Meter unter der Erde fest, gefangen von den Gesteinsmassen, die der Vulkanausbruch erzeugte, der eine neue Insel anhob und gleichzeitig ehemaliges Land unter sich begrub. Man zeigt sich allerdings unerschrocken und forscht emsig an möglichen Auswegen. Bei der Erkundung eines Tunnels macht der Abenteurer Kens eine erstaunliche Entdeckung: Inmitten eines versteinerten Waldes kommen Ruinen einer untergegangenen Aztekenstadt zum Vorschein. Mit einer Mischung aus Grauen und Faszination studiert man die Überreste eines Tempels, in dem offenbar Menschenopfer dargebracht wurden, und versäumt dabei auch nicht, einige Kostbarkeiten als Beweis einzusammeln.
Mittlerweile gehen aber die Meinungen darüber auseinander, wie man denn noch die rettende Oberfläche erreichen könnte. Eine Fraktion sendet einen improvisierten Heliumballon, versehen mit einer Notiz, durch einen schier endlosen Schacht nach oben, während der ungeduldige Maraval gemeinsam mit Focas direkt die lebensgefährliche Klettertour nach oben wagt. Als der Heliumballon tatsächlich oben gefunden wird, ziehen sich Rettungstruppen auf der neu geformten Insel zusammen und beginnen damit, versteckte Tunnel nach unten frei zu sprengen – mit fatalen Folgen für die beiden waghalsigen Kletterer…Mit dem dritten und letzten Band des wunderbar viktorianischen Epos um die Tiefseeforscher in ihrer Taucherkugel verneigt sich Christophe Bec nach sehr deutlichen Hommagen an H. G. Wells nun einmal mehr vor dem Vater der modernen Science Fiction, Jules Verne. Die untergegangen Zivilisationen winken uns ebenso aus der „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ entgegen wie der erzählerische Kniff, dass der Weg nach draußen durch die Schächte eines gewaltigen Vulkans führt. Die Vision der blutrünstigen Azteken und ihren Opferplätzen kommt dabei beklemmend daher, wie auch generell in den Zeichnungen von Dejan Nenadov (der als Inspiration vor allem Jack Kirbys „Challengers of the Unknown“ nennt) eine durchaus klaustrophobische Atmosphäre herrscht. Alternierend erleben wir dabei die Versuche der Gefangenen, einen Weg nach oben zu finden, parallel zu den Rettungsversuchen, die von Auftraggeber Farragull höchstselbst geleitet werden.
In einem fast schon psychedelischen Ausblick sehen wir dann (Spoiler Alert!) noch Maraval nach der Reise in die Tiefe den Versuch einer Mount Everest-Besteigung unternehmen, während Marcel Beyllier als stand-in für die literarischen Paten Wells, Verne und Doyle die Erlebnisse in einen Reisebericht packt, der zum durchschlagenden Erfolg avanciert (und in standesgemäß viktorianischer Aufmachung erstrahlt). Wie auch schon Christophe Becs Adaption der „Vergessenen Welt“ ist „Fulgur“ eine wunderbare Reminiszenz an all die Sonntags-Matinees mit den George Pal-Filmen der 60er wie auch eine Ermunterung, die klassischen utopischen Romane doch wieder einmal zu lesen. Bei Splitter liegt die Serie nun gewohnt hochwertig abgeschlossen vor.
Dieser Text erschien zuerst auf Comicleser.de.
Holger Bachmann ist Autor diverser Bücher und Aufsätze zur Film- und Literaturgeschichte. Neben dem Comicleser.de schreibt er auf kühleszeug.de über Konzerte und geistvolle Getränke.